Statistisches Bundesamt Dämpfer für die Wirtschaft - Bruttoinlandsprodukt gesunken

Wiesbaden · Der langanhaltende Aufschwung in Deutschland gerät etwas ins Stocken. Im Sommer gab es eine kalte Dusche. Steckt mehr dahinter als nur ein kleiner Ausreißer nach unten?

 Container im Hafen von Hamburg: Zum ersten Mal seit dreieinhalb Jahren ist die deutsche Wirtschaft wieder geschrumpft.

Container im Hafen von Hamburg: Zum ersten Mal seit dreieinhalb Jahren ist die deutsche Wirtschaft wieder geschrumpft.

Foto: Daniel Reinhardt

Gebremst von Problemen in der Autoindustrie ist die deutsche Wirtschaft erstmals seit dreieinhalb Jahren wieder geschrumpft.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank im dritten Quartal gegenüber dem Vorquartal um 0,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.

Die Wiesbadener Behörde bestätigte damit frühere Daten. Die Schwierigkeiten der für Deutschland so wichtigen Autobranche bei der Umstellung auf den neuen Abgas-Prüfstandard WLTP hinterließen Schrammen bei Privatkonsum und Ausfuhren. Die Abkühlung der Weltwirtschaft belastete zudem die Exportnation Deutschland generell.

Zum letzten Mal war die Leistung von Europas größter Volkswirtschaft im ersten Vierteljahr 2015 rückläufig gewesen. Ökonomen rechnen trotz des schwachen Sommerquartals mit einer Fortsetzung des Aufschwungs, der allerdings nicht mehr das hohe Tempo des Boom-Jahres 2017 erreichen dürfte.

"Die Schrumpfung der deutschen Wirtschaft im Sommer wird ein Ausrutscher bleiben", meinte etwa KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner. Jedoch werde das Wachstum an Tempo verlieren: "Die zuvor sehr kräftige Konjunktur mit dem Jahr 2017 als Höhepunkt kühlt ab."

Auch nach Einschätzung von VP-Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel handelt es sich um vorübergehende Bremsspuren. "Trotz allem werden die kommenden BIP-Zuwächse keine Himmelsstürmer werden", erklärte er. "Die globale Konjunktur schwächelt, was das exportstarke Deutschland besonders deutlich zu spüren bekommt."

Für Unsicherheit sorgen derzeit vor allem die von US-Präsident Donald Trump angeheizten internationalen Handelskonflikte. Wirtschaftsforscher, internationale Organisationen sowie die Bundesregierung hatten zuletzt ihre Konjunkturprognosen für Deutschland für dieses und das kommende Jahr gesenkt.

Von Juli bis September dämpfte der Export die Entwicklung. Den Angaben zufolge wurden 0,9 Prozent weniger Waren und Dienstleistungen aus der Bundesrepublik ausgeführt als im zweiten Vierteljahr. Die Importe legten dagegen um 1,3 Prozent zu.

Spuren hinterließen laut Ökonomen besonders die Probleme in der Autoindustrie. Weil nicht alle Modelle rechtzeitig eine Genehmigung für eine Neuzulassung nach dem WLTP-Standard hatten, mussten Hersteller die Produktion herunterfahren. Das belastete den Export und schlug auch auf den Privatkonsum durch, der eine wichtige Konjunkturstütze ist.

Die privaten Konsumausgaben sanken gegenüber dem Vorquartal um 0,3 Prozent, was unter anderem an der Zurückhaltung der Haushalte beim Kauf neuer Autos lag, wie die Statistiker erklärten. Auch gestiegene Energiepreise dürften nach Einschätzung des Chefvolkswirts der ING in Deutschland, Carsten Brzeski, die Konsumlust gedämpft haben.

Grundsätzlich bleiben die Menschen in Deutschland Wirtschaftsexperten zufolge aber in Kauflaune. Gestützt werde die Konjunktur etwa durch den weiterhin robusten Arbeitsmarkt mit einem starken Lohnwachstum, sagte jüngst die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) voraus.

Positive Impulse kamen im dritten Quartal von den Investitionen der Unternehmen. Die Aufwendungen für Ausrüstungen wie Maschinen, Geräte oder Fahrzeuge stiegen um 0,8 Prozent. Treibstoff für das Wachstum der Investitionen seien vor allem die von Sparern beklagten niedrigen Zinsen im Euroraum, erläuterte Gitzel. Unternehmen, aber auch Hausbauer kommen dank der Zinsflaute billiger an Geld.

Der Bauboom setzte sich im Sommer entsprechend fort, die Investitionen stiegen hier um 0,9 Prozent. Die Auftragsbücher der Branche sind gut gefüllt. Allein im September stieg der Wert der Bestellungen im Vergleich zum August um 3,6 Prozent.

Die Konsumausgaben des Staates, zu denen unter anderem soziale Sachleistungen und Gehälter der Mitarbeiter zählen, legten den Angaben zufolge im Sommer leicht zu. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal um 1,1 Prozent.

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