Chinas Führung stellt Milliarden bereit Coronavirus gefährdet das Wirtschaftswachstum

Berlin · Das von China ausgehende Coronavirus belastet die Weltwirtschaft. Doch Regierungen in Asien fangen bereits an, der Konjunktur nachzuhelfen.

 Ein Arbeiter in einem Schutzanzug steht vor einer elektronischen Anzeigetafel in der Lobby des Börsengebäudes der Shanghai Stock Exchange.

Ein Arbeiter in einem Schutzanzug steht vor einer elektronischen Anzeigetafel in der Lobby des Börsengebäudes der Shanghai Stock Exchange.

Foto: dpa/-

Millionen von Arbeitnehmern bleiben zu Hause, statt in die Firma zu pendeln. Shopping-Malls in vielen Großstädten sind leer. Vergnügungsparks wirken verlassen. Auf der Chinesischen Mauer laufen keine Touristen mehr entlang. Die Folgen der neuartigen Virusinfektion für Chinas Volkswirtschaft zeigen sich vor allem in der Leere an Orten, an denen die Leute sonst in Massen produzieren und konsumieren.

Weil die chinesische Regierung harte Maßnahmen ergreift, um das Coronavirus kurzfristig einzudämmen, fürchten Ökonomen in diesem Jahr einen deutlichen Konjunktur­einbruch. Die Anleger teilen diese Einschätzung offenbar: Am Montag sind die Börsenkurse in Schanghai abgestürzt, der Leitindex verlor acht Prozent. „Das wird Rückwirkungen auf das globale Wachstum haben“, schreiben Ökonomen des Wertpapierhauses Nomura. „China trägt einen erheblichen Teil zur Weltkonjunktur bei.“

Mit der gleichen Sicherheit sagen Beobachter jedoch eine Stützung der Wirtschaft mit viel Geld voraus. China hat eine noch größere Bereitschaft als andere große Volkswirtschaften, Konjunkturschwankungen künstlich auszugleichen. Noch am Montag hat die Zentralbank bereits 150 Milliarden Yuan (20 Milliarden Euro) in die Märkte gepumpt. Das ist jedoch nur der Anfang. „Regierungen im ganzen Raum Asien-Pazifik stehen bereit, um die wirtschaftlichen Schocks durch eine Reihe von fiskalischen und monetären Maßnahmen abzufangen“, schreiben Ökonomen von dem Forschungshaus IHS Markit. Analysten praktisch aller Banken stimmen dieser Einschätzung zu.

Konkrete Beschlüsse für eine große chinesische Konjunktur-Aktion werden spätestens auf einem Treffen des Politbüros im April fallen. Dabei handelt es sich um 24 Männer und eine Frau, die im Land das Sagen haben. Sie bestimmen letztlich auch die Wirtschaftspolitik. Zu den möglichen Instrumenten zählen beispielsweise neue Bauprojekte und eventuell Steuersenkungen. Auch die Forschungsförderung, speziell im Bereich der Biotechnologie und der Virologie, könnte noch einmal zusätzliche Mittel erhalten. Auch eine Zinssenkung oder eine Steigerung der Kreditvergabe sind im Prinzip möglich.

Aus einer Wachstumsdelle wird in vielen Vorhersagen nur ein leichter Rückgang, wenn die Förderung eingerechnet wird. Die Bank JPMorgan Chase hat ihre Vorhersage für das Wachstum in diesem Jahr von 5,9 Prozent daher lediglich auf 5,8 Prozent zurückgefahren. Wie es wirklich komme, hänge natürlich von der weiteren Ausbreitung des Virus ab, warnen die Experten.

Es steht viel auf dem Spiel – auch für Deutschland. China ist Deutschlands wichtigster Handelspartner noch vor den EU-Nachbarn und USA. Es handelt sich um den größten Markt für die drei großen Autohersteller. Wie wichtig China ist, hat sich in den vergangenen zwei Jahren gezeigt. Der laufende Konjunkturrückgang in der deutschen Industrie lag zu einem guten Teil am stagnierenden Autoabsatz im Reich der Mitte.

Nicht nur Dax-Unternehmen wie Adidas, BASF, die Bayer-Abspaltung Covestro oder der Chiphersteller Infineon machen dort einen zweistelligen Anteil ihres Umsatzes. Auch Mittelständler sind direkt und indirekt von der Auftragslage aus China betroffen. Ein Absturz des chinesischen Wachstums um zwei oder gar drei Prozentpunkte würde mit Sicherheit Spuren in deutschen Bilanzen hinterlassen.

Doch China lässt die Konjunktur nicht einfach vor sich hin laufen. Die Beeinflussung der Wirtschaft liegt dort quasi in den Genen der Politik. In ihren ersten drei Jahrzehnten handelte es sich bei der Volksrepublik um eine streng sozialistische Staatswirtschaft ohne Privateigentum. Auch wenn seit laufenden Reformen ab 1978 die Marktwirtschaft immer stärker geworden ist, besinnt sich die Führung gerade in Krisenzeiten auf ihr geistiges Erbe und greift erheblich ins ökonomische Geschehen ein.

Bisherige Krisen haben anschaulich gezeigt, was alles geht. Nach den weltweiten Problemen mit verbrieften US-Immobilienkrediten im Jahr 2009 hat China so viel Geld freigesetzt, dass das Wachstum auf elf Prozent hochgeschossen ist. Auch im Jahr der ersten ansteckenden Lungenkrankheit des Jahrhunderts, Sars, hat die Regierung die Wirtschaft in Schwung gehalten. Das Wachstum lag 2003 und 2004 bei je zehn Prozent.

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