Weltweit rund 2500 Mitarbeiter Biotest in Gesprächen über Milliarden-Kauf durch Chinesen

Dreieich · Das hessische Biotechunternehmen Biotest könnte bald an einen chinesischen Investor gehen. Verhandelt wird über einen Preis von knapp einer Milliarde Euro. Der Interessent lockt mit weitreichenden Zusagen.

 Biotest, ein Anbieter von Plasmaproteinen und biotherapeutischen Arzneimitteln, beschäftigt weltweit rund 2500 Mitarbeiter und ist im Kleinwerteindex SDax notiert.

Biotest, ein Anbieter von Plasmaproteinen und biotherapeutischen Arzneimitteln, beschäftigt weltweit rund 2500 Mitarbeiter und ist im Kleinwerteindex SDax notiert.

Foto: Biotest

Das Biotechunternehmen Biotest könnte bald einen chinesischen Eigentümer haben. Der Konzern stehe in Verhandlungen mit der Investmentgruppe Creat Group Corporation (Creat) über einen Zusammenschluss, teilte Biotest am Mittwochabend in Dreieich mit.

Angestrebt werde ein möglicher Angebotspreis von 28,50 Euro je Stammaktie und 19 Euro für die stimmrechtslosen Vorzugsaktien. Dies entspräche einem Kaufpreis von 940 Millionen Euro. Das Angebot ist ein weiterer Beleg für das starke Interesse an deutschen Unternehmen aus Fernost.

Vorstand und Aufsichtsrat von Biotest begrüßten die Verhandlungen mit dem Investor, da eine Fusion nötige Finanzierungen von Produkten und Fertigung unterstütze. Die Gespräche dauerten noch an, und es gebe keine Garantie für ein Angebot in dieser Form.

Creat lockt demnach mit weitreichenden Zusagen. So will der Investor die Zentrale in Dreieich sowie Firmennamen, Marken und Produktbezeichnungen belassen, hieß es. Zudem werde er an geltenden Betriebsvereinbarungen, Tarifverträgen und der betrieblichen Mitbestimmung festhalten. Dies soll in einem Vertrag über fünf Jahre vereinbart werden. Creat sei ein langfristig orientierter strategischer Investor, der die Absicht habe, die Firma entsprechend der "Planungen des Managements weiterzuentwickeln".

Chinesische Firmen haben ihre Zukäufe im Vorjahr vervielfacht. So übernahm der Hausgerätehersteller Midea den deutschen Roboterbauer Kuka. Im Visier stand zudem der Maschinenbauer Aixtron, bei dem der Kauf jedoch an Sicherheitsbedenken der USA scheiterte. Deutschland, Frankreich und Italien fordern ein stärkeres Vetorecht in Europa zum Schutz von Hightech-Firmen vor Übernahmen. Mit Gegenwind für die Chinesen aus der Politik wie bei Aixtron rechnet Biotest nach eigenen Angaben nicht. Die Produkte der Firma hätten keinerlei sicherheitspolitische Relevanz, so ein Sprecher.

Biotest, ein Anbieter von Plasmaproteinen und biotherapeutischen Arzneimitteln, beschäftigt weltweit rund 2500 Mitarbeiter und ist im Kleinwerteindex SDax notiert. Das Unternehmen hat sich auf die Bereiche klinische Immunologie (Abwehr von Krankheitserregern), Hämatologie (Bluterkrankungen) sowie Intensiv- und Notfallmedizin spezialisiert. 2016 hatte sich Biotest vom US-Therapiegeschäft mit hohem Verlust getrennt. Der Gewinn der fortgeführten Geschäfte stieg hingegen auf 34,5 Millionen Euro. 2017 erwartet Biotest leicht steigende Umsätze, 2016 waren es gut 610 Millionen Euro.

Das Unternehmen kann Gelder der Chinesen für neue Investitionen gebrauchen. Biotest will die Produktionskapazität in Dreieich bis 2020 verdoppeln. Dafür fallen 2017 Kosten von 60 bis 70 Millionen Euro an inklusive der zugehörigen klinischen Entwicklungskosten und steigenden Anlaufkosten. Der operative Gewinn werde daher sinken, auch weil Ausgaben für Forschung und Entwicklung belasten.

Die angepeilte Offerte entspräche einem kräftigen Zuschlag für die Biotest-Aktionäre. 28,50 Euro je Stammaktie wären mehr als 40 Prozent über dem Aktienkurs zu Börsenschluss am Mittwoch. Am Donnerstag legten die Papiere um rund 20 Prozent zu. Die Anteile befinden sich zu gut 50 Prozent im Besitz der Eigentümerfamilie Schleussner, die dem Deal zustimmen muss. Für die Vorzugsaktien, die keine Stimmrechte für Besitzer bieten, würde Creat mit 19 Euro keinen Aufschlag zahlen.

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