Massive Einschnitte bei Forschung Bei Bayer geht wegen Stellenabbau die Angst um

Leverkusen · Das verordnete Sparprogramm von Bayer trifft besonders die Forschungsabteilungen schwer. In Wuppertal steht ein neues Werk vor dem Aus, in dem erst im Sommer die Produktion gestartet ist.

 Düstere Stimmung bei Bayer: Bei der Forschung will der Konzern auf externe Partner setzen.

Düstere Stimmung bei Bayer: Bei der Forschung will der Konzern auf externe Partner setzen.

Foto: dpa

Es sollte eine der besten Biotechnologie-Fabriken Europas werden, 500 Millionen Euro investierte Bayer in Wuppertal in die Herstellung des Gerinnungswirkstoff „Faktor VIII“, der Blutern ein normales Leben ermöglicht. Zugleich sollte es eine Erfolgsgeschichte für den Standort Deutschland werden: Denn der Wirkstoff war vor über 15 Jahren in Wuppertal entwickelt, wegen deutscher Vorbehalte aber zunächst im kalifornischen Berkeley produziert worden. 2015 verkündete Bayer, „Faktor VIII“ heimzuholen und in Wuppertal eine zweite Produktion aufzubauen.

Im Sommer 2018 lief der Probebetrieb in Wuppertal an. Doch nun: aus und vorbei. Im Zuge des Kahlschlags schließt Bayer das nagelneue Werk mit 350 Mitarbeitern. Konkurrenzprodukte hätten den Wettbewerb verschärft, daher wolle man die Herstellung in Berkeley konzentrieren, sagte Bayer-Chef Werner Baumann am Donnerstag. Die Stilllegung soll schrittweise erfolgen, eine andere Nutzung des Werks ist laut Bayer nicht möglich.

Das Schicksal des „Faktor VIII“-Werks zeigt exemplarisch, wie heikel Bayers Lage ist. Und es ist nicht der einzige Pharma-Bereich, den der Kahlschlag trifft. Für Unruhe in der Belegschaft sorgt auch, dass Bayer in der Pharma-Forschung 900 Stellen streichen will. Bayers größte Forschungsstandorte für Pharma sind Wuppertal, wo an Arzneien für Kardiologie, Hämatologie und Biologicals geforscht wird, und Berlin (Onkologie, Gynäkologie).

Große Sorgen in Leverkusen

Bayer will die interne Forschung „umstrukturieren“ und „reduzieren“ und mehr auf externe Partner setzen. Was für ein Signal. Der Konzern kürzt Forschung, die eigentlich seine DNA ausmacht. Daher mahnte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP): „Die Entscheidungen treffen das Herz von Bayer, das seinen Ursprung als pharmazeutisches Unternehmen in Wuppertal hat. Wir setzen uns dafür ein, dass Nordrhein-Westfalen auch künftig ein wichtiger Forschungsstandort für Bayer bleibt.“

Von Anfang an hatten Pharma-Mitarbeiter die Sorge, dass sie die Zeche für den Monsanto-Deal zahlen. Baumann hat das stets zurückgewiesen und betont nun erneut, das Sparprogramm habe nichts mit der Monsanto-Übernahme zu tun, sondern diene dazu, Bayer schlagkräftiger zu machen.

Das trübste Signal geht vom Schnitt in die Forschung aus, zahlenmäßig sind vor allem Verwaltung und Querschnittsfunktionen betroffen. Hier will Bayer 5500 bis 6000 Stellen streichen. Entsprechend groß sind die Sorgen in Leverkusen, wo Zentrale und viele Dienstleister angesiedelt sind. Dort sitzt auch die Currenta, die mit 5200 Mitarbeitern die Chemieparks in Leverkusen, Dormagen und Krefeld betreibt. Bayer will seinen Anteil von 60 Prozent verkaufen. Als Interessenten werden unter anderem die Finanzkonzerne Macquarie (Australien) und EQT (Schweden) gehandelt.

Die Anleger waren am Freitag zuversichtlicher, die Aktie legte zu. „Bayers Umbauplan hat Licht und Schatten“, sagt Sven Diermeier, Analyst bei Independent Research. „Auf der einen Seite wird der Konzern schlanker und profitabler. Auf der anderen Seite belasten Bayer die milliardenschweren Wertberichtigungen, die künftig geringere Erträge bedeuten.

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