Hauptversammlung am Freitag in Bonn Bayer-Führung hat Ärger wegen Monsanto

Leverkusen · Mehrere Aktionäre und Aktionärsvertreter wollen den Vorstand und den Aufsichtsrat bei der Hauptversammlung nicht entlasten. Die findet am Freitag in Bonn statt.

Dass die Hauptversammlung am Freitag nicht gerade eine urgemütliche Veranstaltung wird, konnten sich die Bayer-Oberen nach den Ereignissen der vergangenen Monate und dem Wirbel um die Übernahme des US-Saatgutherstellers Monsanto denken. Jetzt schlägt der Führung um Vorstandschef Werner Baumann und den Aufsichtsratsvorsitzenden Werner Wenning wenige Tage vor dem Aktionärstreffen im Bonner WCCB die geballte Kritik von wichtigen Anteilseignern und deren Vertretern auch formal entgegen.

Nach den Stimmrechtsberatern ISS und Glass Lewis sowie dem Corporate-Governance-Experten Christian Strenger hat sich auch die Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka Investment gegen eine Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat ausgesprochen. „Da ist zu viel Aktionärsvermögen vernichtet worden“, sagte Ingo Speich unserer Redaktion. Er ist bei der Deka Investment für Nachhaltigkeit und Corporate Governance verantwortlich.

Bayers Börsenwert ist nach Tausenden Klagen gegen Monsanto wegen des glyphosathaltigen Unkrautvernichters Round-up und der Unsicherheit um die finanziellen Folgen abgestürzt und beträgt gegenwärtig nur noch 57 Milliarden Euro – ein Minus von 38 Prozent binnen eines Jahres.

"Aufgaben und Pflichten in vollem Umfang gerecht geworden"

Bayer hat sich allerdings im Kampf gegen seine Gegner munitioniert. Es gibt ein aktuelles Schreiben an die Anteilseigner, in dem Vorstand und Aufsichtsrat des Unternehmens beteuern, der Vorstand sei bei dem Monsanto-Deal seinen Aufgaben und Pflichten in vollem Umfang gerecht geworden. Das hat die Anwaltskanzlei Linklaters dem Konzern bestätigt. Laut Kanzlei sind alle aktienrechtlichen Pflichten eingehalten worden. „Dies gilt insbesondere für den Umgang mit den Haftungsrisiken aus dem Glyphosatgeschäft von Monsanto“, schreibt das Düsseldorfer Linklaters-Büro. „Die Risikobewertung hat klar ergeben, dass die glyphosathaltigen Produkte von Monsanto bei sachgemäßer Anwendung sicher sind. So liegen über 800 Studien vor, die zu diesem Ergebnis kommen, und dies bestätigen auch die zuständigen Regulierungsbehörden weltweit kontinuierlich bis in die jüngste Zeit“, schreiben der Vorstand und der Aufsichtsrat.

Die juristische Unterstützung für den Konzern nimmt dem Gegenwind nicht die Schärfe. Die Liste der Monsanto-Kritiker, die konkrete Informationen zur möglichen Verfahrensdauer und zur Höhe der kalkulierten Kosten vermissen, ist lang. Die Fondsgesellschaften Union Investment (Volks- und Raiffeisenbanken) und DWS (Deutsche Bank) wollten sich zu der Frage „Entlastung – ja oder nein?“ zwar am Dienstag nicht äußern; es wird in Fachkreisen aber spekuliert, dass auch sie die Bayer-Gremien mit Liebesentzug strafen könnten.

Entlastung verschieben?

Dazu kommen der US-Vermöngensverwalter Blackrock, der sich mindestens enthalten will, und die Aktionärsschützervereinigung DSW. Sie fordert, die Entlastung zu verschieben. „„Es ist für die Aktionäre schlicht nicht möglich, zu bewerten, ob die Übernahme von Monsanto langfristig wertvernichtend oder – wie die Verwaltung unermüdlich betont – wertschaffend wirken wird“, erklärte Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler. Sollte dem Antrag auf Verschiebung nicht stattgegeben werden, würde die DSW die Entlastung ebenfalls verweigern, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte.

Wenn ein Teil der Aktionäre und deren Vertreter die Bayer-Gremien nicht entlasteten, hätte das keine rechtliche Bindung. Deshalb fordert Deka-Vertreter Speich größere Wirkungskraft: „Man sollte dem Thema Entlastung einen höheren Stellen wert gegeben, indem man das Thema ins Gesetz schreibt.“ Unabhängig davon gilt das Ausmaß der Verweigerung bei der Hauptversammlung in Branchenkreisen als Indiz für die Zukunft von Konzernchef Baumann. „Wichtig wäre, dass das operative Geschäft gut weiterläuft“, sagt Speich. Das sei allerdings angesichts des tausendfachen Stellenabbaus, der schwierigen Integration von Monsanto und der schwächelnden Pipeline im Pharma-Geschäft kein Selbstläufer. Bayer will bis Ende 2021 rund 12 000 Arbeitsplätze abbauen und seinen Anteil am Chemiepark-Betreiber Currenta verkaufen.

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