Auch deutsche Konzerne leiden Autoabsatz in China geht erstmals seit über 20 Jahren zurück

Peking · Der Boom ist vorbei: Handelskrieg mit den USA, hohe Schulden und schlechte Immobiliengeschäfte lassen den größten Automarkt der Welt in China schrumpfen. Drohen jetzt sogar Überkapazitäten?

 Das Autohaus "Audi City Bejing". Die Chinesen kaufen zum erstenmal seit zwei Jahrzehnten weniger Autos.

Das Autohaus "Audi City Bejing". Die Chinesen kaufen zum erstenmal seit zwei Jahrzehnten weniger Autos.

Foto: Soeren Stache/dpa

Erstmals seit mehr als zwei Jahrzehnten ist der chinesische Automarkt eingebrochen. Der Absatz von Personenwagen sackte 2018 um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr ab, wie der Branchenverband China Passenger Car Association (PCA) in Peking mitteilte.

Der Verkaufsrückgang trifft auch die großen deutschen Autokonzerne, für die China der größte Markt ist.

Neben dem Handelskrieg zwischen den USA und China gibt es auch hausgemachte Ursachen für die Flaute auf dem größten Automarkt der Welt. "Die Gründe sind vor allem der schwere Druck auf dem Immobilienmarkt, hohe Verschuldung, Abwärtsdruck für die Wirtschaft und fehlende Verbraucherzuversicht", sagte PCA-Generalsekretär Cui Dongshu der Deutschen Presse-Agentur. Er erwartete aber nicht, dass der Rückgang anhält: "So schlimm ist es nicht."

Die Kaufzurückhaltung erklären andere Experten auch mit den vorübergehenden Zollerhöhungen auf Importe von US-Autos, der Verunsicherung über den anhaltenden Handelskonflikt sowie den vielen Fahrbeschränkungen in chinesischen Metropolen. Auch das verstärkte Angebot von bequemen Fahrdiensten dämpft die Nachfrage nach Autos.

Im Dezember beschleunigte sich der Rückgang noch dramatisch. Im Vergleich zum Vorjahresmonat fiel der Absatz in dieser Abgrenzung um 19 Prozent. Im ganzen Jahr seien auf dem jahrelang, teilweise auch zweistellig boomenden Automarkt in China nur noch 22,7 Millionen Autos verkauft worden, berichtete der Branchenverband.

Der PCA-Generalsekretär rechnet im neuen Jahr zwar mit einem Wachstum von 1,2 Prozent, doch erwarten andere Experten vielmehr einen weiteren Rückgang. Analysten der US-Investmentbank Goldman Sachs prognostizieren für 2019 sogar ein Minus von sieben Prozent. Bei Bernstein Research wird mit einem Rückgang um vier Prozent gerechnet.

Im Zuge des Handelskrieges hatte China die Zölle auf Importwagen aus den USA zwischenzeitlich um 25 auf 40 Prozent erhöht und erst im Dezember wieder zurückgenommen. Davon waren besonders BMW und Mercedes betroffen, die von ihren US-Werken nach China liefern.

Da die Autobauer in China mit stetigem Wachstum gerechnet und massiv in Produktionsanlagen investiert haben, drohen jetzt Überkapazitäten. Der Experte Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Center Automotive Research der Universität Duisburg-Essen schätzt die Überkapazitäten bereits in diesem Jahr auf nahezu fünf Millionen Neuwagen. "Fast 19 Prozent der Produktionskapazitäten in China wären danach im Jahr 2019 "ungenutzt"."

Chinas Wirtschaftslenker treten schon auf die Bremse. Am Donnerstag treten neue Vorschriften in Kraft, die die Produktion herkömmlicher Benzinautos begrenzen soll. Autobauer dürfen keine neuen Werke für solche Fahrzeuge bauen oder Produktionsanlagen in andere Provinzen verlagern, wie aus dem Beschluss der mächtigen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) hervorgeht.

Trotz des schwachen Marktes ist aber Volkswagen zuversichtlich, weiter Wachstum in China zu erreichen. 2018 habe der VW-Konzern Marktanteile gewonnen, hatte Stephan Wöllenstein, der künftig das operative Geschäft in China leitet, am Montag vor Journalisten gesagt. Die Einführung neuer Modelle werde auch in diesem Jahr zu einem Absatzplus in China führen.

Nach den Plänen von VW-Chef Herbert Diess, der persönlich die strategische Führung des China-Geschäfts übernimmt, wird China künftig auch noch eine viel wichtigere Rolle für den deutschen Autokonzern spielen. "Die Zukunft von Volkswagen wird sich auf dem chinesischen Markt entscheiden", ließ er wissen.

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