Umweltministerium spricht von Skandal Amazon vernichtet offenbar massenhaft neuwertige Produkte

Mainz · Der Versand-Riese Amazon vernichtet in seinen deutschen Logistiklagern offenbar täglich teilweise neuwertige Waren im Wert von mehreren zehntausend Euro.

Die sogenannte "geplante Obsoleszenz" ist seit Jahren Gegenstand wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Debatten. Es geht darum, dass Hersteller ihre Produkte bereits so konzipieren, dass sie schnell kaputt gehen und ersetzt werden müssen.

Das ist nicht nur aus Verbrauchersicht ärgerlich, diese Unternehmens-Strategie steht vor allem wegen ihrem unverantwortlichen Umgang mit den bei der Herstellung verbrauchten natürlichen Ressourcen heftig in der Kritik.

Wie das ZDF-Magazin „Frontal21“ und die „WirtschaftsWoche“ berichten, gibt es aber auch massenhaft Produkte, die in ihrem Warenkreislauf den Konsumenten nicht mal mehr erreichen, bevor sie auch schon wieder verschrottet werden.

Nach ihren Recherchen werden in deutschen Logistiklagern des Online-Händlers Amazon im großen Stil nicht nur unbrauchbare Waren zerstört, sondern auch funktionstüchtige Retouren und teilweise neue Produkte, beispielsweise Kühlschränke, Wasch- und Spülmaschinen, Handys, Tablets, Matratzen und Möbel. Dies belegen offenbar interne Produktlisten, Fotos und übereinstimmende Berichte von Mitarbeitern.

Diese Praxis werde von Amazon auch nicht bestritten, von offizieller Stelle hieße es dort dazu lediglich: "Um so wenig Produkte entsorgen zu müssen, wie möglich arbeitet man jeden Tag an der Verbesserung von Prozessen."

Kritik aus dem Umweltministerium

Dieses Vorgehen werde nun sowohl von Teilen der Regierung, als auch von privaten Umweltschutzorganisationen scharf kritisiert. Der Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Jochen Flasbarth, wird mit den Worten zitiert: „Das ist ein riesengroßer Skandal, denn wir verbrauchen auf diese Weise Ressourcen mit allen Problemen insgesamt auf der Welt. Ein solches Vorgehen passt einfach nicht in diese Zeit. Ich bin überzeugt, dass viele Verbraucher von einem solchen Verhalten schockiert sind und es auch nicht akzeptieren werden“.

Auch der ehemalige Umweltminister Klaus Töpfer habe die Praxis von Amazon „unverantwortlich“ genannt. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace fordert nun gesetzliche Konsequenzen, um die Vernichtung von neuwertigen und gebrauchsfähigen Waren zu verhindern

Versandmethode „Destroy“

Amazon biete seine Entsorgungsdienstleistungen für unverkaufte Lagerbestände auch externen Händlern an, die den Logistikservice "Versand durch Amazon" nutzen. "Sie können Ihren Lagerbestand auf Wunsch von uns entsorgen lassen", heißt es in einer Angebotsübersicht.

"Frontal 21" und der "WirtschaftsWoche" liegen interne Dokumente vor, aus denen hervorgehe, dass der Service auch ausgiebig in Anspruch genommen wird. Produktlisten zeigten Kinderturnschuhe, Kopfhörer und Hunderte weitere Artikel, die nur einen einzigen Tag in einem einzigen Lager auftauchen und mit der Versandmethode "Destroy" gekennzeichnet seien.

Offensichtlich ist es aus logistischer und betriebswirtschaftlicher Sicht in vielen Fällen sinnvoller, bestimmte Waren direkt wieder zu verschrotten, statt eine Weiterverwendung zu organisieren. Solange ein rechtlicher Rahmen fehlt und ein nachhaltiger Umgang mit natürlichen Ressourcen keine finanziellen Anreize bei der Produktion mit sich bringt, werden wohl weiterhin regelmäßig etliche Waren mit der Methode „Destroy“ verschickt.

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