Verbraucherschutz Ämter informieren nur ungern über Hygienestatus

Berlin · Das Internetportal Topfsecret hilft seit Januar, Transparenz bei Lebensmittelkontrollen zu schaffen. Aber nicht alle Behörden kooperieren.

 Restaurantbesucher möchten wissen, wie sauber es in der Küche ist.

Restaurantbesucher möchten wissen, wie sauber es in der Küche ist.

Foto: dpa

Ein Kunde im kleinen niedersächsischen Ort Königslutter will wissen, wie sauber es bei Lidl und in einem bestimmten Imbiss denn so ist. Doch die zuständige Behörde für die Lebensmittelkontrollen im Landkreis Helmstedt veranschlagt für die Herausgabe der amtlichen Untersuchungsergebnisse zum Lidl satte 1757 Euro, zum Imbiss 1092,50 Euro. Die Behörde begründet das im Schreiben an die den Antrag stellende Person mit der „Komplexität Ihres Anliegens“ und einem Bearbeitungsaufwand von „wohl mindestens 24 beziehungsweise 15 Stunden“.

Ein anderer Fall: Eine Frau interessiert sich dafür, ob alles sauber ist in zwei Cafés und einer Bäckerei in der nordrhein-westfälischen Stadt Velbert. Die Behörde des Landkreises Mettmann verweigert die Aussage und behauptet, die Fragende sei gar nicht an „Sinn und Zweck der Auskunftserteilung“ interessiert.

Ämter drohen mit hohen Kosten

„Mehrere Behörden versuchen, die Herausgabe von Ergebnissen der Lebensmittelkontrollen zu verhindern, obwohl sie per Gesetz zur Antwort verpflichtet sind“, erklärte die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch dieser Zeitung. Das sei ein „Angriff auf Informationsrechte“. Und weiter: Statt eines Einblicks in die Akten zu geben, „drohen einige Ämter den Fragenden mit Kosten, schüchtern sie ein“.

Dabei wollen Verbraucher Bescheid wissen, wie es genau aussieht in ihrem Lieblingslokal, im Supermarkt um die Ecke: Sind die Töpfe verdreckt, turnen Mäuse auf den Regalen voller Lebensmittel herum? Bislang hatten sie jedoch kaum eine Chance, dies zu erfahren. Seit Jahren wird zwar knapp jeder vierte Betrieb, der kontrolliert wird, auch beanstandet, der Name aber nur selten bekannt.

Doch seit Januar diesen Jahres gibt es das Onlineportal topfsecret.foodwatch.de. Das hat Foodwatch in Zusammenarbeit mit der Webseite fragdenstaat.de ins Leben gerufen. Damit sollen Hygienemängel ab sofort nicht mehr im Dunkeln bleiben.

Wer die Seite öffnet, kann ein beliebiges Restaurant oder irgendeinen Lebensmittelbetrieb über eine Suchmaske oder per Klick auf einer Straßenkarte auswählen. Gibt man dann den eigenen Namen, E-Mail- und Postadresse ein und stellt einen Standardtext dazu, geht ein formell korrektes Anschreiben an die zuständige Behörde heraus mit der Bitte, die Ergebnisse der Hygienekontrollen mitzuteilen. Damit wird plötzlich einfach, was das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) schon länger ermöglicht: Bürger haben das Recht, sämtliche Ergebnisse der Lebensmittelkon-trollen der vergangenen fünf Jahre einzusehen. Kaum jemand aber fragte bisher nach.

13.000 Verbraucher haben schon Anfragen gestellt

Das Angebot kommt gut an: 13.000 Verbraucher haben innerhalb von knapp drei Monaten schon 20.000 Anfragen gestellt.

Für die Überwachungsämter ist das neu. Sie reagieren ganz verschieden. Unrühmliche Beispiele sind laut Foodwatch nicht nur Helmstedt mit seiner Gebührenforderung von 1757 Euro oder Mettmann, das eine Antwort schlicht ablehnte. So habe das zuständige Amt im Hamburger Bezirk Harburg eine Kopie des Personalausweises gefordert, um den Antrag bearbeiten zu können, das in Magdeburg forderte eine aktuelle Meldebescheinigung, das im Landkreis Börde in Sachsen-Anhalt lehnte Anträge per E-Mail ab, weil es grundsätzlich „keine elektronische Antragstellung“ ermögliche.

Und jenes im baden-württembergischen Ludwigsburg bat, sich nochmals an den Computer zu setzen. Es schrieb: „Vor dem Hintergrund, dass im Internet auch immer wieder missbräuchlich falsche Identitäten verwendet werden, bitten wir Sie, uns Ihr Auskunftsersuchen nochmals zu bestätigen.“ Erhielten sie keine Nachricht, gingen sie davon aus, dass kein Interesse mehr bestehe.

Dazu sagt Foodwatch-Experte Oliver Huizinga: Bürger müssten sich nicht ausweisen, könnten Anträge formlos, per Telefon oder E-Mail stellen, müssten ihr Informationsbegehren auch nicht begründen: „Die Menschen haben ein Recht auf Informationen zur Lebensmittelüberwachung.“ Dass es auch anders gehe, hätten zum Beispiel Karlsruhe, Ulm und München gezeigt. Das Ordnungs- und Gewerbeamt in der bayerischen Landeshauptstadt hatte eine Anfrage zu einer McDonalds-Filiale in München-Pasing schon nach wenigen Stunden beantwortet, nachdem Topfsecret online war. Das Ergebnis: keine Beanstandungen.

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