Umweltverschmutzung als Geschäft Thailand will nicht länger Müllkippe sein

Bangkok · In den kommenden zwei Jahren soll die Einfuhr von Plastikmüll verboten werden. Thailand gehört laut Umweltverbänden im Bereich Meeresverunreinigung mit Plastik zu den schlimmsten Verschmutzern.

 Verschmutztes Paradies: Angeschwemmter Plastikmüll am Strand von Ko Sih Chang.

Verschmutztes Paradies: Angeschwemmter Plastikmüll am Strand von Ko Sih Chang.

Foto: picture alliance / Christoph Sat

Thailands massive Lebensmittelindustrie ist so stolz auf ihre Exporterfolge, dass sie ihr Heimatland gerne als „Küche der Welt“ bezeichnet. Seit Ende des vergangenen Jahres war das südostasiatische Königreich auf dem besten Weg, sich in eine weitere Spitzenmarke zu verwandeln: Zur Abfallhalde der Welt. Denn seit China, das laut eigenen Angaben im Jahr 2016 rund 70 Prozent der 500 Millionen Tonnen des jährlich produzierten elektronischen Abfalls importierte, nichts mehr vom Dreck der IT-Industrie wissen will, türmen sich plötzlich in Thailands kleinen Häfen Container mit Plastik- und Computerschrott.

411 Sorten von Elektronik-Abfall sollen laut General Surasak Kanchanarat, dem Umweltminister des herrschenden Militärregimes, ab sofort auf die Tabu-Liste. In den kommenden zwei Jahren soll zudem die Einfuhr von Plastikmüll verboten werden. Thailand gehört laut Umweltverbänden im Bereich Meeresverunreinigung mit Plastik zu den schlimmsten Verschmutzern. Vor einigen Monaten verendete ein Pilotwal an einem Strand, weil er mehr als 80 Plastiktüten verschluckt hatte und sie nicht ausscheiden konnte.

Lukrativer Einkauf von billigem Ausland-Plastikmüll

Einige Unternehmen des südostasiatischen Landes machen dank des eklatanten Preisunterschieds zwischen importiertem Plastik – etwa 25 Prozent billiger als einheimischer Plastikmüll – kräftig Kasse. „Wir müssen dafür sorgen, dass Thailands Recycling-Industrie unseren eigenen Müll verarbeitet“, beschrieb General Surasak Kanchanat das Ziel der Militärjunta.

Sie reagierte mit ihrem Verbot des E-Abfall-Imports ungewöhnlich schnell auf eine rasante Entwicklung, die zunächst lange unter dem Radar geblieben war. Firmen aus Taiwan und anderen asiatischen Ländern hatten große Hallen in Thailand angemietet. Bei einer Durchsuchung entdeckten die Behörden Arbeiter, die mit einfachem Mundschutz und Wollhandschuhen ausgediente Computer auseinandernahmen. Bei der Demontage werden hochgiftige Schadstoffe wie Cadmium oder Blei freigesetzt.

Hochwertige Stoffe zum Wiederverkauf gewonnen

Recycling von E-Müll gilt als lukratives Geschäft, weil dabei hochwertige Rohstoffe zum Wiederverkauf gewonnen werden können. „Die Unternehmen machen Geld mit den wertvollen Sachen und der Rest landet auf unseren Halden“, schrieb die Zeitung „The Nation“. Laut Thailands Zoll importierte Thailand im Jahr 2017 145.000 Tonnen Plastikabfall. In den ersten fünf Monaten des Jahres 2018 erreichten diese Einfuhren bereits 212.000 Tonnen.

Die Importe von elektronischem Abfall lagen 2017 bei 64.400 Tonnen. Aber bis Ende Mai diesen Jahres verzeichnete der Zoll bereits 52.200 Tonnen. In Thailands wichtigsten Hafen Laem Chabang kamen laut Thailands Behörden pro Monat alleine 500 Container mit jeweils 20 Tonnen Abfallfracht an. Nachdem Stichproben zeigten, dass manche Unternehmer ihren Abfall falsch deklarierten, geht Bangkoks Zoll davon aus, dass die tatsächlichen Zahlen längst Rekordmarken erreichten.

Alleine die Zahlen aus Großbritannien zeigen, das nicht die schönen Strände im „Land des Lächelns“ Neugierde weckten, sondern auch laxer Umgang mit Müll. Statt 123 Tonnen elektronischem Abfall von Januar bis April 2017 betrugen die britischen Abfallexporte nach Thailand im gleichen Zeitraum diesen Jahres bereits 6810 Tonnen. Eine Reederei stoppte inzwischen den Transport von Containern voller Abfall nach Thailand. Vietnam verhängte ebenfalls einen temporären Einfuhrstopp für Abfall. Auch Malaysia gilt bei der Müllhaldensuche für elektronischen Abfall und Plastik inzwischen als Wackelkandidat.

Vereinte Nationen besorgt über weltweite Müllexporte

Thailands und Vietnams Haltung haben gemeinsam mit der chinesischen Weigerung, 24 Abfallprodukte ins Reich der Mitte zu importieren, bereits für weltweite Verwerfungen auf dem Müllmarkt gesorgt. Erik Solheim, der norwegische Chef des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, ist überzeugt, dass es sich bei gegenwärtigen Entwicklung erst um den Anfang einer weltweiten Krise handelt: „Wir benötigen eine dramatische Reduzierung bei dem Abfall, den wir verursachen. Die alte Option reicher Nationen, ihren Müll um den halben Globus zu verschiffen, verschwindet. Unsere Müllhalden sind überfüllt, und die Recycling-Industrie kann mit der Menge nicht Schritt halten.

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