Während Brexit-Verhandlungen "Schlagzeilen-Risiko" belastet Pfund bei Brexit-Gesprächen

London · Um rund 20 Prozent ist das Pfund seit dem Brexit-Votum zum Euro eingebrochen. Kein Anlass zur Sorge, sondern eine ganz natürliche Bewegung, sagt der Finanzexperte James Athey. Nach einem EU-Austritt erwartet er vor allem Vorteile für die britische Wirtschaft.

 Britische Münze: Dem Pfund droht während der Brexit-Verhandlungen eine Berg- und Talfahrt.

Britische Münze: Dem Pfund droht während der Brexit-Verhandlungen eine Berg- und Talfahrt.

Foto: Karl-Josef Hildenbrand

Die Brexit-Verhandlungen werden das britische Pfund nach Einschätzung eines Experten weiter auf Berg- und Talfahrt schicken. "Das "Schlagzeilen-Risiko" (headline risk) ist sehr hoch für das Pfund", sagte James Athey, Top-Manager beim Vermögensverwalter Aberdeen Asset Management.

Die zu erwartende Mischung aus euroskeptischen Aussagen, harten Verhandlungsankündigungen und beschwichtigenden Tönen werde den Kurs des Sterlings durcheinanderwirbeln. "Aber auf lange Sicht erwarte ich viel Positives und daher einen Kursanstieg des Pfunds." Die britische Währung war seit dem Brexit-Votum im Juni 2016 um rund 20 Prozent zum Euro eingebrochen.

Die vorgezogene Neuwahl in Großbritannien am 8. Juni hingegen werde kaum Auswirkungen auf den Kurs haben, sagte Athey. Die Märkte hätten einen klaren Erfolg von Regierungschefin Theresa May und ihrer konservativen Partei bereits in die Kurse eingepreist. "Viel wichtiger für das Pfund sind die Wirtschaftsdaten, inwiefern die Inflation weiter steigt, inwiefern die Gehälter nicht mit der Inflation mithalten." Derzeit würden die Arbeitsmarktdaten darauf hinweisen, dass das Jobwachstum "in angemessenem Tempo" andauere. So seien in den vergangenen drei Monaten in Großbritannien rund 122 000 zusätzliche Arbeitsplätze entstanden.

Mit Blick auf die britische Wirtschaft zeigte sich Athey zuversichtlich. "Etwa 95 Prozent der Unternehmen im Vereinigten Königreich exportieren nicht in die EU", sagte der Manager mit Blick auf alle Betriebe im Land. "Es ist eine sehr London-zentrierte Sicht, die Veränderungen wegen des Brexits durch die Augen globaler Konzerne zu sehen, die viel anfälliger sind für globale Probleme." Vielmehr werde die breite Mehrheit der britischen Firmen keine Veränderung erleben. Die "sehr flexible und sehr offene" britische Wirtschaft sehe bereits jetzt ein größeres Wachstum im Handel mit Ländern außerhalb der EU als mit der Gemeinschaft.

Zugleich räumte Athey ein, dass Großbritannien bisher keine ausbalancierte Wirtschaft habe - zu abhängig von Konsum und Importen. Dadurch sei ein großes Außenhandelsdefizit entstanden, das wiederum zu "einem Stück weit Verletzlichkeit und Instabilität" geführt habe. Daher sei der Kursrutsch des Pfunds nur zu begrüßen: "Der starke Fall des Sterlings war eine der natürlichsten Ausbalancierungen dieser früheren Unausgewogenheiten." Ein schwaches Pfund zu Euro und US-Dollar macht Exporte britischer Unternehmen günstiger.

Für die Zukunft erwartet Athey ein größeres wirtschaftliches Engagement der britischen Regierung in einigen Bereichen, die bisher stark von der EU gefördert wurden. London müsse diese Lücke füllen. Anlass zu großen Hoffnungen biete die Fischindustrie, die - "teils wegen Missmanagements, teils wegen schlechter EU-Entscheidungen" - in miserablem Zustand sei. "Diese Branche kann sehr schnell einen wichtigen Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt beitragen", sagte Athey. "Wir haben sehr reiche Fischgründe, die müssen wir stärker anzapfen."

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