Verbrauchermesse Rheinische Landwirtschaft präsentiert sich bei der Grünen Woche

Berlin · In Berlin läuft die Grüne Woche. Mit dabei ist der Rheinische Landwirtschaftsverband. Die Lage der regionalen Bauern sei angespannt, die Stimmung gedämpft, sagt Präsident Bernhard Conzen.

Verbrauchermesse: Rheinische Landwirtschaft präsentiert sich bei der Grünen Woche
Foto: K. Weber

Die 84. Ausgabe der Grünen Woche lässt aktuell Verbraucherherzen höher schlagen: 1750 Aussteller präsentieren seit Freitag Köstlichkeiten und Schönes aus 61 Ländern – ein neuer Rekord. Neben Ernährung und Gartenbau kommt auch die Landwirtschaft nicht zu kurz. Doch wie geht es den deutschen Bauern?

„Wir haben eines der schlimmsten Jahre hinter uns gebracht“, sagt der Präsident des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes (RLV), Bernhard Conzen, am Stand des Deutschen Bauernverbands in Halle 3.2. Vielerorts habe die Dürre ganze Ernten vertrocknen lassen. Die wirtschaftliche Lage sei angespannt und die Stimmung gedämpft: „Die Liquidität ist nach drei Jahren in Folge mit niedrigen betriebswirtschaftlichen Ergebnissen nicht mehr so flexibel.“

Die Gründe dafür sieht er in der Abschaffung der Milchquote im Jahr 2015 und der Zuckerquote 2017. „Wir sind jetzt im zweiten Jahr ohne Quote, in dem extrem schlechte Preise erzielt werden und die Existenzen der Betriebe gefährdet sind. Das kann man wirklich so deutlich sagen.“

Der RLV repräsentiert nach eigenen Angaben rund 15.000 Mitglieder zwischen Kleve und Euskirchen. Typisch sind laut Conzen Ackerbauregionen wie in der Köln-Aachener Bucht und Betriebe zur Gemüseveredlung in Stadtnähe. Tierzucht sei vorhanden, aber weniger stark ausgeprägt.

Im Vergleich zu Deutschland sehe es im Rheinland ähnlich, wenn auch nicht ganz so schlimm aus. Der Ertragsrückgang habe sich durchschnittlich auf 15 bis 20 Prozent belaufen. Doch das Ballungsgebiet Rheinland liefert noch andere Herausforderungen: „Der Flächenverbrauch ist enorm hoch“, sagt der RLV-Präsident. Durch Straßen, Siedlungen und Gewerbe seien viele Flächen für die Agrarwirtschaft nicht zugänglich. Und: Wenn Flächen der Natur entnommen würden, müsste man sie laut Gesetz kompensieren, indem man andere Flächen ökologisch aufwertet. „Manchmal ist die Größenordnung 1:7“, berichtet Conzen.

Von den 10.000 Betrieben im RLV seien noch 65 Prozent im Haupterwerb tätig. „Das ist eine gute Zahl“, sagt der Präsident. Doch jedes Jahr würden zwischen zwei und zweieinhalb Prozent aufgegeben. Betriebe im Nebenerwerb würden Auslaufbetriebe genannt, weil sie von der nächsten Generation häufig aufgegeben würden.

Generell sorgten sich Landwirte wegen der deutschen Agrarpolitik. Conzen wünscht sich neue Maßnahmen zur Risikobewältigung und Existenzsicherung. Das könne eine steuerliche Rücklage zum Risikoausgleich sein, wie sie in anderen Bereichen bereits üblich sei. Die Erzeuger könnten bei starken Preisschwankungen auf dem Markt so zumindest durch die Steuer profitieren.

Außerdem sei es angesichts des Klimawandels längst überfällig, witterungsbedingte Versicherungen anzupassen. „Wir können uns gegen Starkregen, Frost und Hagel versichern. Was fehlt, ist Trockenheit“, erklärt der Präsident. Landwirte daran zu beteiligen, indem sie in einen Versicherungsfond einzahlen, sei im Ausland ein erfolgreiches Modell. Dieses Instrument müsse der Staat möglich machen.

Zur Zukunft der Landwirtschaft bietet die Grüne Woche auch handfestes Anschauungsmaterial. Am Eingang zur Halle 3.2 steht ein grüner Traktor samt Anhänger. „Das Güllefass ist mit einem Sensor ausgestattet, der beim Verteilen auf dem Feld misst, wie viel Nitrat in der Gülle vorhanden ist“, erklärt Landwirt Phillip Krainbring, der als Agrarscout Besuchern Rede und Antwort steht. So soll überall mit der gleichen Nährstoffmenge gedüngt werden, um langfristig den oft zu hohen Nitratgehalt im Grundwasser zu verringern.

Dieses sogenannte Precision Farming sei ein großer Trend in der Landwirtschaft, weiß der Betriebsleiter eines Ackerbaubetriebs in Sachsen-Anhalt. Aussaat, Dünger, Pflanzenschutz, Ertrag, Karten der Felder: „In den letzten zwei, drei Jahren ist die Menge an Daten, die gesammelt werden, explodiert.“

Der Güllesensor sei noch nicht weit verbreitet: Das Land Nordrhein-Westfalen habe die elektronische Datenerfassung gerade erst gesetzlich anerkannt. Häufiger würden Smartphone-Apps genutzt. Mit ihnen ließen sich sogar Mähdrescher einstellen. „Und mit der Wetter-App verbringe ich mehr Zeit als mit meiner Frau“, sagt Krainbring.

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