Pläne für ein neues Gesetz Mehr Schutz für Mitarbeiter im Ausland

Berlin · Unternehmen sollen strengere Sorgfaltspflichten für die Arbeitnehmer im Ausland einhalten. Das Bundesentwicklungsministerium hat dazu den Entwurf eines Wertschöpfungskettengesetzes erarbeitet.

Der Druck auf deutsche Unternehmen steigt, die Menschenrechte von Beschäftigten im Ausland zu schützen. Das Bundesentwicklungsministerium von Gerd Müller (CSU) hat dazu den Entwurf eines Wertschöpfungskettengesetzes erarbeitet. Der Text mit Datum des 1.Februar liegt dieser Zeitung vor.

Das Vorhaben ist unter anderem eine Reaktion auf die Katastrophen in den asiatischen Fabriken Rana Plaza und Ali Enterprises, bei denen vor Jahren hunderte Arbeiternehmer starben. „Die Position der Kläger im KiK-Fall wäre mit einem solchen Gesetz besser gewesen“, sagte Miriam Saage-Maaß von ECCHR (European Center for Constitutional and Human Rights). Die Juristen-Organisation hatte im Namen von Opfern auf Schmerzensgeld gegen den Textildiscounter KiK geklagt – und verloren.

Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) ist es ein Anliegen, die Zustände in den weltweiten Zulieferfabriken zu verbessern. Darüber, ob der vorliegende Entwurf das richtige Mittel ist, herrscht in seinem Haus allerdings Dissens. Die Befürworter hoffen auf die Unterstützung der Spitze ihres Ministeriums und von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD).

Ein wesentlicher Fortschritt

Beide Ministerien veranstalten zusammen mit der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Bärbel Kofler, demnächst eine Konferenz, wo der Entwurf eine Rolle spielen dürfte. Der Text enthält ein neues Gesetz für die Sorgfaltspflichten von Unternehmen, sowie geplante Änderungen unter anderem im Handelsgesetzbuch. Es wird genauer definiert, welche Pflichten hiesige Firmen für ihre Ableger und Auftragnehmer im Ausland haben. Dabei geht es um soziale und ökologische Standards, die in diversen internationalen Abkommen niedergelegt sind, aber heute oft nicht durchgesetzt werden. Grundsätzlich müssten Unternehmen mit Sitz in der Bundesrepublik dann stärker darauf achten, dass beispielsweise die Fabrikgebäude in Ostasien sicher gebaut sind und nicht zusammenbrechen, die Beschäftigten dort existenzsichernde Löhne erhalten, die maximal zulässige Arbeitszeit nicht überschritten und die Umgebung nicht durch giftige Chemikalien verseucht wird.

„Kommt das Gesetz durch, wäre es ein wesentlicher Fortschritt zur Umsetzung der Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte“, sagte Christian Scheper, Wissenschaftler am Institut für Entwicklung und Frieden der Universität Duisburg-Essen.

Entwicklungs- und Bürgerrechtsorganisationen fordern ein solches Gesetz seit Jahren. Laut Textentwurf sollen die Firmen interne Analysen durchführen, wo die menschenrechtlichen Risiken in ihren Produktionsketten liegen. Sie müssen Vorsorge leisten, dass die Risiken nicht eintreten. Jedes Unternehmen bräuchte einen „Compliance-Beauftragten“, der oder die dafür sorgt, die Sorgfaltspflichten einzuhalten. Ausländischen Beschäftigten soll ein Beschwerdemechanismus in der jeweiligen Firma zur Verfügung stehen. Hinweisgeber müssen geschützt werden, sie sollen keine Nachteile erleiden.

Bußgelder als Sanktionen

Das Ganze gilt vornehmlich für „große“ Unternehmen mit über 250 Beschäftigten und mehr als 40 Millionen Euro Jahresumsatz. Konkret genannt werden im Gesetzentwurf unter anderem die Branchen Landwirtschaft, Energie, Bergbau, Textil-, Leder- und Elektronikproduktion. Die Gewerbeaufsicht, die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, sowie die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung sollen die Regelungen gegenüber den Firmen durchsetzen und kontrollieren. Als Sanktionen werden Bußgelder bis zu fünf Millionen Euro, Freiheitsstrafen und der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge im Inland angedroht.

Fraglich erscheint allerdings, ob und wie das Gesetz den Zugang ausländischer Arbeitnehmer zur bundesdeutschen Justiz verbessert. Nach wie vor würden „viele Konstellationen nicht zivilrechtlich geltend gemacht werden können“, sagte Juristin Saage-Maaß, etwa „die Zerstörung von Umwelt und Lebensgrundlagen und ausbeuterische Arbeitsbedingungen“.

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