Streit um Air Berlin Gläubiger will Zerschlagung verhindern

FRANKFURT · Ein Unternehmer, der seinen Namen nicht veröffentlichen will, wirft dem Bund eine falsche Begründung für den Überbrückungskredit vor.

 Geschäftsbetrieb geht weiter: Passagiere stehen am Check-in für einen Air-Berlin-Flug.

Geschäftsbetrieb geht weiter: Passagiere stehen am Check-in für einen Air-Berlin-Flug.

Foto: dpa

Ein Air-Berlin-Gläubiger will versuchen, die Zerschlagung des Unternehmens zu verhindern. Sein Anwalt wirft dem Bundeswirtschaftsministerium in einem Brief, der dieser Zeitung vorliegt, „vorsätzliche Falschmeldung“ vor. Denn das Bundeswirtschafts- als auch das Bundesverkehrsministerium hätten in ihrer Presseerklärung einen falschen Grund für die Gewährung des Überbrückungskredits von 150 Millionen Euro an die insolvente Fluglinie gegeben. Darin hieß es: „Auf Grund der damit verbundenen insolvenzrechtlichen Regelungen wäre Air Berlin verpflichtet gewesen, den Flugbetrieb unmittelbar nach Einreichung des Insolvenzantrages einzustellen.“ Um den aufrecht zu erhalten, habe man den Übergangskredit gewährt.

Diese Begründung sei falsch, heißt es in dem Brief einer Anwaltskanzlei, die den Air-Berlin-Gläubiger vertritt. Denn diese Einschätzung widerspreche dem insolvenzrechtlichen Gedanken, heißt es darin. Danach müsse ein Geschäftsbetrieb bis zur tatsächlichen Eröffnung einer Insolvenz fortgeführt werden. In dem Beschluss des zuständigen Insolvenzgerichts, des Amtsgerichts Charlottenburg, ist auch zu lesen: „Die Schuldnerin ist bis zur Entscheidung über ihren Insolvenzeröffnungsantrag berechtigt, unter Aufsicht des vorläufigen Sachwalters ihr Vermögen zu verwalten und hierüber zu verfügen.“ Air Berlin wäre also auch ohne die Gewährung des Kredits fortgeführt worden, meint der Gläubiger. Ein Übergangskredit vor allem in dieser Höhe sei ungewöhnlich, ist zwar auch von unbeteiligten Insolvenzrechtlern zu hören. Anträge auf solche Kredite würden von den zuständigen Behörden sonst häufig abgelehnt. Allerdings sei es möglich, dass ohne den Kredit laufende Zahlungen nicht mehr hätten geleistet werden können. Deshalb hätte man womöglich den Flugbetrieb einstellen müssen.

Denn dass die Gelder lange reichen, ist zweifelhaft. Seit einigen Tagen gehen die Buchungen bei Air Berlin zurück. „Das Vertrauen der Passagiere ist offenbar weg, deshalb bleiben die Buchungen aus“, sagte Luftverkehrsexperte Heinrich Großbongardt.

Der Gläubiger führt jedoch noch einen weiteren Grund an: Die Vergabe des Übergangskredits sei auch deshalb unzulässig, weil die EU-Kommission nicht rechtzeitig davon unterrichtet worden sei. Sie hätte prüfen müssen, ob der Kredit als Beihilfe einzustufen sei.

Der Gläubiger, der sich noch nicht zu erkennen geben will, wirft dem Bundeswirtschaftsministerium schwere Veruntreuung von Geldern vor und setzt ihm eine Frist bis morgen, um weitere Informationen zu erhalten. Sein Ziel ist offenbar, eine Zerschlagung von Air Berlin zu verhindern, zunächst gegebenenfalls über die Anfechtung des Insolvenzbeschlusses in der Gläubigerversammlung, gegebenenfalls aber auch auf dem weiteren Rechtsweg durchzufechten.

Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann hatte jedoch ausgeschlossen, dass seine Fluggesellschaft komplett verkauft werde. Es werde nicht einen, sondern zwei oder drei Käufer geben, hatte er am Wochenende gesagt. Sie vollständig zu übernehmen ist das Ziel des Nürnberger Luftfahrtunternehmers Hans-Rudolf Wöhrl. „Das Modell Air Berlin als eine eigenständige Airline ist gescheitert“, sagte auch Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig dem Inforadio des RBB. Lufthansa jedenfalls dürfte nach Einschätzung von Experten den größten Teil erhalten. Die Kranichlinie hatte schon im vergangenen Jahr 38 Flugzeuge übernommen, zusammen mit der zugehörigen Besatzung dürften sie nun wahrscheinlich in einer Einheit mit eigener Betriebsgenehmigung ausgelagert werden.

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