Arbeitsmarkt in Deutschland Fachkräftemangel bedroht den Mittelstand

Berlin · Zehn Verbände schlagen Alarm: Die Auftragsbücher sind voll, aber die Betriebe leiden unter Personalmangel. Im Handwerk führt das längst zu steigenden Preisen.

 Flüchtlinge können die Lücke bei den Fachkräften nicht kurzfristig füllen.

Flüchtlinge können die Lücke bei den Fachkräften nicht kurzfristig füllen.

Foto: dpa

Der Fachkräftemangel wird bereits heute für viele mittelständische Unternehmen zum Engpass und bedroht aus Sicht des Mittelstandes zunehmend die Wachstumsaussichten der deutschen Wirtschaft. Etwa die Hälfte aller Handwerksunternehmen habe bereits Probleme, offene Stellen zu besetzen, dabei seien die Auftragsbücher prall gefüllt, sagte Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer gestern in Berlin. Die Fachkräftesicherung gehöre neben der Digitalisierung zu den wichtigsten Herausforderungen der nächsten Jahre, sagte er anlässlich der Vorstellung eines politischen Forderungskatalogs von zehn mittelständischen Verbänden, die sich zu einer „AG Mittelstand“ zusammengeschlossen haben.

Arbeitslosenquote bei Meistern und Techniker liegt bei 1,8 Prozent

Die Verbände repräsentierten weite Teile der deutschen Wirtschaft, denn sie stünden gemeinsam für 5,3 Billionen Euro Jahresumsatz und 38 Millionen Beschäftigte, sagte Wollseifer. Die Mittelständler fänden allerdings immer schwerer Personal. Die Arbeitslosenquote bei Meistern und Technikern liege nur noch bei 1,8 Prozent. Aktuell seien 43 500 Ausbildungsplätze unbesetzt.

Dem Handwerk fehlen junge Leute

Dem Handwerk fehlten junge Leute, weil ein immer größerer Teil der Schulabgänger studiere. Hier laufe etwas grundlegend falsch, monierte der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH). Hätten vor zehn Jahren nur 30 Prozent eines Jahrgangs studiert, seien es heute 60 Prozent. Deshalb stünden zu wenig Schulabgänger für eine duale Ausbildung zur Verfügung. „Politik und Gesellschaft tun der Jugend nichts Gutes, wenn diese nur einseitig in Richtung Abitur und Studium beraten wird“, sagte Wollseifer.

Berufsschulen fit machen für die Digitalisierung

Um den Trend zu stoppen, müsse die Politik Berufsschulen ebenso fit für die Digitalisierung machen wie Hochschulen. Jugendliche müssten auch über die längst existierenden Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten nach der Ausbildung besser informiert werden. Der Fachkräftemangel treibt im Handwerk zunehmend auch die Preise – kein Wunder bei hoher Nachfrage und knappem Angebot.

Integration von Flüchtlingen dauert fünf bis sieben Jahre

Flüchtlinge könnten die Fachkräftelücke nicht füllen. Ihre Integration in den Arbeitsmarkt dauere eher fünf bis sieben Jahre als ein, zwei Jahre. Wollseifer forderte ein Zuwanderungsgesetz, mit dem Deutschland gezielt Fachkräfte anwirbt.

Der Präsident des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels (HDE), Josef Sanktjohanser, forderte Bund und Länder auf, den Ausbau der flächendeckenden Internetversorgung zu beschleunigen. Viele ländliche Regionen seien da nicht wettbewerbsfähig.

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