Trotz anziehender Inflation EZB hält Geldschleusen weit geöffnet

Frankfurt/Main · Die Europäische Zentralbank hält an ihrer Billig-Geld-Strategie fest. Ein rasches Ende der ultralockeren Geldpolitik ist nicht in Sicht - trotz aller Kritik vor allem aus Deutschland.

 Das Gebäude der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main.

Das Gebäude der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main.

Foto: Boris Roessler

Europas Währungshüter zeigen sich unbeeindruckt von der anziehenden Inflation: Trotz des jüngsten Preissprungs halten sie die Geldschleusen extrem weit geöffnet. Banken bekommen frisches Zentralbankgeld weiter zu null Prozent Zinsen.

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hielt den Leitzins wie erwartet auf diesem Rekordtief. Parken Banken überschüssiges Geld bei der EZB, müssen sie dafür nach wie vor 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen. Zudem pumpen die Währungshüter jeden Monat Milliarden in den Markt.

Trotz des deutlichen Anstiegs der Inflation im Euroraum im Dezember auf 1,1 Prozent zum Vorjahr, dämpfte EZB-Präsident Mario Draghi Hoffnungen auf eine baldige Wende hin zu höheren Zinsen. Die Zinsen würden noch lange und über die Laufzeit des Kaufprogramms hinaus niedrig bleiben.

Es gebe keine überzeugenden Anzeichen für einen Anstieg der Kerninflation, aus der Energie- und Nahrungsmittelpreise herausgerechnet sind. Vor allem diese hatten zuletzt die Teuerungsrate nach oben getrieben. Die EZB strebt mittelfristig für den gemeinsamen Währungsraum eine Inflationsrate von knapp unter 2,0 Prozent an - weit genug entfernt von der Nullmarke.

Aus Sicht der EZB zeigt die Geldschwemme zwar Wirkung. Deflationsrisiken seien weitgehend verschwunden, die Konjunktur sei auf dem Weg der Erholung. "Aber wir können uns nicht entspannen", sagte Draghi. Die von globalen Krisen gebeutelte Wirtschaft des Währungsraums sei weiter auf die Finanzspritzen aus dem Eurotower angewiesen. Der EZB-Rat habe nicht über einen Einstieg in den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik diskutiert, betonte Draghi

Das viele billige Geld soll im Idealfall die Konjunktur ankurbeln und auch die Teuerung anheizen. Dauerhaft niedrige oder gar sinkende Preise gelten als Konjunkturrisiko. Unternehmen und Verbraucher könnten Investitionen aufschieben in der Erwartung, dass es bald noch billiger wird. Das könnte die Wirtschaftsentwicklung abwürgen.

Politiker und Ökonomen in Deutschland hatten den jüngsten Anstieg der Teuerung zum Jahresende zum Anlass genommen, den Druck auf die EZB zu erhöhen: Die Notenbank müsse jetzt das Ende ihrer ultralockeren Geldpolitik einläuten. Sparer leiden seit Jahren unter den extrem niedrigen Zinsen. Die Niedrigzinsen seien auch im Interesse der Deutschen, konterte Draghi. Die Menschen seien nicht nur Sparer, sondern auch Verbraucher, Kreditnehmer und Arbeitnehmer.

Volkswirte hatten damit gerechnet, dass die Notenbank bei der Sitzung in Frankfurt keine Veränderungen beschließen würde. Denn erst im Dezember hatte die EZB ihr gewaltiges Kaufprogramm für Staatsanleihen und andere Wertpapiere um neun Monate bis mindestens Ende 2017 verlängert. Von April an will die Notenbank allerdings monatlich nur noch 60 Milliarden Euro statt 80 Milliarden Euro in den Markt pumpen. Das hatten viele Ökonomen als erstes Signal gewertet, dass die Notenbank allmählich zur Normalität zurückkehrt.

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