Modernes Arbeiten Coworking Spaces boomen auch in Bonn

Berlin · Der Markt mit Gemeinschaftsbüros für mobile, junge Selbstständige - Coworking Spaces - wächst. In Bonn kostet ein Schreibtisch etwa zwischen 290 und 480 Euro plus Mehrwertsteuer pro Monat.

Gemeinsam kreativ sein: Die meisten dieser jungen Computerarbeiter sind auf der Durchreise.

Gemeinsam kreativ sein: Die meisten dieser jungen Computerarbeiter sind auf der Durchreise.

Foto: picture alliance / WeWork/dpa-tm

Wem ein „hot desk“ reicht, der ist bei der US-Firma Wework richtig. Hier in Berlin-Mitte, zwei Minuten vom Potsdamer Platz entfernt, kostet der „heiße Tisch“ 370 Euro Miete pro Monat. Das ist ein Arbeitsplatz für moderne und flexible Beschäftigte. Die suchen sich einen Stuhl, wo gerade einer frei ist. Ein Dutzend meist jüngerer Leute haben ihre Laptops auf den langen Arbeitstischen im Erdgeschoss aufgeklappt.

„Coworking Spaces“ werden solche Gebäude genannt. Selbstständige, Firmengründer, Kreative, aber auch große Firmen buchen kurzfristig Schreibtische oder Räume in großen Gemeinschaftsbüros, in denen sie automatisch in Kontakt zu vielen fremden Menschen kommen. Die meisten dieser Computerarbeiter sind irgendwie auf der Durchreise, machen für ein paar Tage, Wochen oder Monate Station, bevor sie das Arbeitsleben an einen anderen Ort, in eine neue Tätigkeit schickt.

Bedarf in Berlin ist in Deutschland am größten

Derartige Büroimmobilien kamen erstmals 2017 in großem Umfang auf den deutschen Markt. Augenblicklich ist ein Boom im Gange. „Die Anmietung durch Coworking-Betreiber nahm im ersten Halbjahr 2018 weiter zu und hat jetzt einen Anteil von rund sieben Prozent des Flächenumsatzes bei Büroflächen erreicht“, sagt Susanne Kiese von der Immobilien-Beratungsfirma Colliers. Ihre Aussage gilt für die sieben wichtigsten Bürostädte der Bundesrepublik – Berlin, Düsseldorf, Frankfurt/ Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart. Dort gibt es Dutzende Anbieter, die mittlerweile Zehntausenden Coworkern Büros auf Zeit vermieten. Alleine Wework aus New York, einer der großen Vermarkter, betreibt 15 Standorte in Deutschland und will weitere eröffnen.

„Berlin hat nach London europaweit die meisten Coworking Spaces“, heißt es in der Bauverwaltung des Berliners Senats. In der neuen Niederlassung unweit des Potsdamer Platzes herrscht atmosphärisch eine Mischung aus Starbucks-Cafe und Uni-Mensa. Die großzügigen Thekenbereiche auf jeder Etage bieten gratis Saft, Kaffee, Obst, manchmal auch Bier vom Fass. Zu leiser Soulmusik kann man in bequemen Sesseln fläzen. Sakkos tragen die Beschäftigten kaum, eher kurze Hosen und dichte Bärte. Auf den Lesetischen der Sofaecken findet man Bücher über David Bowie, der in den Hansa-Studios um die Ecke einige seiner Songs aufnahm.

"Büros" oft nur fünf Quadratmeter groß

Die Büros in den Stockwerken gleichen Hasenställen. Nicht selten quetschen die Betreiber zwei Schreibtische in Kammern, die vielleicht fünf Quadratmeter messen. „Die Enge ist ein gewisser Nachteil“, sagt ein Nutzer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. „Aber die Gemeinschaftsflächen wiegen das auf.“ Das Raumkonzept folgt der Logik, möglichst viele zahlende Kunden pro Flächeneinheit zu versammeln. Für ein „privates Office“ mit zwei Arbeitsplätzen stellt Wework beispielsweise 1160 Euro pro Monat in Rechnung. Das läuft schon mal auf Quadratmeter-Mieten in der Größenordnung von 200 Euro hinaus. Zum Vergleich: Spitzenpreise für konventionelle Büros liegen derzeit bei 25 oder auch 35 Euro pro Quadratmeter.

Auch in Bonn gibt es einige Anbieter von Gemeinschaftsbüros: In den angebotenen Räumen kostet ein Schreibtisch zwischen 290 und 480 Euro plus Mehrwertsteuer pro Monat. Ein Anbieter offeriert einen Arbeitsplatz für 16 Euro am Tag bis zu drei Tage die Woche. Für ein Vier-Personen-Büro werden pro Monat 880 Euro fällig.

"Die Digital-Ökonomie treibt die Preise weiter hoch"

Coworking-Anbieter, die Preise wie Wework aufrufen, machen einen schönen Schnitt – auch wenn sie die Kosten für die Infrastruktur, die Küchen und den Kaffee tragen.Die Einschätzungen über diese Entwicklung gehen auseinander. Die grüne Berliner Bundestagsabgeordnete Canan Bayram kritisiert: „So kann noch mehr Geld pro Quadratmeter aus einer Immobilie rausgeholt werden. Die Digital-Ökonomie treibt die Preise weiter hoch.“ Sie verweist darauf, dass auch Wohnungen teurer werden, wenn die Preise für Gewerbe-Immobilien anziehen.

Immobilienberaterin Kiese dagegen sagt: „Die Mietpreise lassen sich mit den üblichen Büroimmobilien nicht direkt vergleichen. Coworking Spaces bieten besondere Dienstleistungen und hohe Flexibilität, die sich die Anbieter bezahlen lassen.“ Die Idee für das Coworking kommt eigentlich aus einer anderen Ecke. Geboren wurde sie in der Szene der kreativen Berufe und Firmengründer, die sich alte, runtergekommene und billige Fabriketagen teilten, die nicht selten „Gründerzentrum“ hießen. Diese Leute merkten, dass sie in Netzwerken erfolgreicher arbeiteten.

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