Autoindustrie-USA-China Chinas Kult um den Tesla-Gründer

Peking · Das Reich der Mitte feiert Elon Musk als „ungewöhnliches Genie“, obwohl er noch nicht viele Autos gebaut hat.

 Elon Musk vor einem seiner Tesla-3-Modelle.

Elon Musk vor einem seiner Tesla-3-Modelle.

Foto: picture alliance / dpa

Eigentlich sehen die Chinesen den Elektroauto-Pionier Elon Musk als Konkurrenten. China will bei der Elektromobilität selbst zur weltweiten Nummer Eins aufsteigen. Die chinesische Führung in Peking setzt daher alles daran, die heimische Industrie vor der ausländischen Konkurrenz zu schützen. Obwohl Musk schon vor einem Jahr angekündigt hat, dass sein Unternehmen Tesla Produktionsstätten im Reich der Mitte errichten will und es spätestens in zwei Jahren losgehen soll, ist seitdem kaum was passiert. Bis heute hat Tesla keinen chinesischen Partner gefunden – Bedingung des Staates, um in China überhaupt produzieren zu dürfen.

Trotzdem ist Musk innerhalb kurzer Zeit in China zu einer Kultfigur avanciert – zumindest in der chinesischen Tech-Branche. „Es leben weniger als zehn Menschen, die tun und denken können, was er denkt und tut“, preist Joe Chen den Amerikaner im „Wall Street Journal“. Chen ist Chef des Social-Media-Unternehmens Renren, dem chinesischen Pendant von Facebook, und selbst ein Tech-Star in China. Er feiert Musk als ein „ungewöhnliches Genie“.

Und es bleibt keineswegs bei verbalen Lobhuldigungen. Der chinesische Internet-Gigant Tencent hat vergangene Woche beschlossen, sich mit fünf Prozent an Tesla zu beteiligen. Der asiatische Facebook-Rivale, der mit dem Kurznachrichtendienst WeChat mehr Nutzer zählt als Whatsapp, hat insgesamt 1,78 Milliarden US-Dollar in den kapitalintensiven Elektroautobauer gesteckt. Tencent besitzt 8,2 Millionen Tesla-Aktien und ist damit auf einen Schlag der größte Einzelaktionär. Ein Mitspracherecht hat Tencent nicht.

Die Finanzspritze aus Fernost kommt bei Anlegern gut an. Die Tesla-Aktie hat seitdem um mehr als fünf Prozent zugelegt, seit Jahresbeginn sogar um mehr als 30 Prozent. Das erst 2003 gegründete Unternehmen wird derzeit mit 53 Milliarden Dollar bewertet und ist damit der wertvollste Autohersteller in den USA. Marktführer General Motors kommt nur noch auf einen Wert von knapp 50 Milliarden Dollar. Dabei hat GM im vergangenen Jahr nach Angaben der New York Times 265.000 Autos verkauft, Tesla gerade einmal 4000. Bis heute hat es Tesla nicht geschafft, aus den roten Zahlen zu kommen. Inzwischen rückt Musks Unternehmen aber selbst den erfolgreichen deutschen Autobauern auf die Pelle. BMW verfügt über eine Marktkapitalisierung von rund 57 Milliarden Dollar, Daimler bringt es auf 76 Milliarden Dollar.

"Seine Produkte haben das Leben von nur weniger Leute berührt."

Zuvor hatte der einstige Tencent-Mitgründer und heutige Risiko-Kapitalgeber Zeng Liqing bereits eine beträchtliche Summe in Tesla-Aktien investiert. Zeng ist wiederum ein begeisterter Anhänger von Musks Hyperloop-One-Technologie. Musk hat dafür ein Dutzend Ingenieure seiner diversen Unternehmen abgestellt, damit sie eine frei schwebende Kapsel in einer Röhre entwickeln, in der nicht nur Güter, sondern auch Menschen mit nahezu Schallgeschwindigkeit zwischen Städten hin- und hergeschossen werden. Noch in diesem Jahr soll es ein Testmodell geben. In Europa und den USA machte Musk zuletzt vor allem Schlagzeilen wegen seiner selbstfahrenden Autos, die er schon bald für den Massenmarkt anfertigen lassen möchte.

Die chinesische Tech-Szene hingegen ist vor allem von Musk so fasziniert, weil er mit seiner bereits 2002 gegründeten Raumfahrtfirma SpaceX die Besiedelung des Mars plant. Daheim wird er wegen der futuristischen Pläne belächelt. Die Tech-Größen in China beneiden ihn hingegen um seine Visionen. Denn die chinesische Führung erlaubt ihnen solche Programme nicht. Weltraum ist in China Sache der Regierung.

Anders als in den USA, wo sich der Staat in den vergangenen Jahren aus Kostengründen von den meisten Weltraumprojekten verabschiedet hat, setzt die Regierung in China derzeit ganz massiv auf die Erkundung des Alls. Wenn die Internationale Raumstation ISS 2020 eingestellt wird, werden die Chinesen die einzigen sein, die mit Tiangong noch eine Raumstation betreiben.

Unter den chinesischen Tech-Größen finden sich jedoch auch Kritiker. Das „Wall Street Journal“ zitiert Cai Wensheng, Chef der Foto-App Meitu. Er hält Musk für überschätzt und Apple-Gründer Steve Jobs für den viel größeren Erfinder. Apple habe mehr als eine Milliarde iPhones verkauft, Tesla gerade einmal einige zehntausend Elektroautos. „Elon Musk hat grandiose Ideen“, sagt Cai. „Aber seine Produkte haben das Leben nur weniger Leute berührt.“

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