Wegen verseuchten Grundstücks Bahlsen verklagt in Bonn den Bund

Bonn · Das Unternehmen mit Sitz in Hannover fordert vor dem Bonner Landgericht eine Millionenentschädigung. Streitpunkt ist ein vom Bund erworbenes, mit Giftstoffen kontaminiertes Grundstück.

Eine frühere Heeresmunitionsanstalt der Wehrmacht bei Hannover beschäftigt das Bonner Landgericht: Die Lorenz Bahlsen Snack World, die das 126 000 Quadratmeter große Areal des "Waldlagers Hänigsen" 1990 vom Bund erwarb, hat gegen die Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten in Bonn Millionenklage eingereicht mit der Begründung: Das Gelände ist mit Giftstoffen wie Arsen so kontaminiert, dass es ohne Sanierung eine Gefährdung für Menschen darstellt. Der Bund aber bestreitet alles, wie ein Landgerichtssprecher mitteilte.

Für die Firma, mit der sich der Bahlsen-Erbe Lorenz Bahlsen auf die Produktion von salzigem Gebäck verlegt hat, aber steht fest: Der Bund muss für die Sanierung aufkommen. Bahlsen kannte den Akten zufolge zwar die frühere Verwendung des Geländes, nicht jedoch die Kontaminierung. Und im Kaufvertrag stehe eine Klausel, wonach der Bund zu haften habe für Gefahrenbeseitigung, auch wenn die erst später erkannt werde. Und genau das trat der Firma zufolge ein: 1991 klagten Mitarbeiter, die in einem der alten Lagerhäuser arbeiteten, plötzlich über Beschwerden, vor allem Hautreizungen.

Bis 1993 wurden Untersuchungen vorgenommen mit dem Ergebnis: Im Boden lagern noch Kampfstoffe. 1994 versuchte Bahlsen den Kauf rückgängig zu machen - und scheiterte. In den folgenden Jahren kam es zu immer weiteren Untersuchungen, mit den laut Klage immer gleichen Ergebnissen: Das Gelände ist massiv kontaminiert - vor allem mit Arsen und dem im Krieg als "Gasmaskenbrecher" bekannt gewordenen hochaggressiven Arsenkampfstoff Adamsit. 1936 wurde das Lager von der Wehrmacht errichtet, ab 1938 wurden massenhaft Kampfstoffe gefertigt. Zwar transportierten die Briten nach dem Krieg vieles ab, doch laut Klage wurde ein Großteil auf dem Gelände oberflächennah vergraben.

Bis 2016 schaltete die Firma immer wieder Gutachter ein. Im Dezember 2012 wurden 135 Kilo reines Adamsit gefunden, 2014 erklärte der Gutachter: Das Grundwasser ist gefährdet, der Boden massiv kontaminiert, und es ist unbekannt, welche gefährlichen Stoffe noch dort lagern. Das Gelände sei nicht nutzbar und unverkäuflich. Im März 2016 verfügte die Stadt Hannover: Die Firma muss das Gelände sichern mit einem Zaun und regelmäßigen Kontrollen. Die Schäden müssen behoben werden. Schilder mit Totenkopf und Warnung vor Giftstoffen warnen nun zusätzlich vor dem Betreten.

Vor der 1. Bonner Zivilkammer fordert die Firma nun nicht nur Entschädigung für diese Sicherung und die Gutachten von insgesamt rund 170 000 Euro. Der Bund soll auch alle Kosten erstatten, die Bahlsen für die Sanierung des Geländes aufwenden muss - laut Gutachter mindestens 880 000 Euro. Ein Ende des Rechtsstreits ist noch nicht absehbar. Eine gütliche Einigung wurde bereits rundweg abgelehnt.

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