Veröffentlichungen über Anlagen in Steueroasen „Paradise Papers“ setzen Reiche unter Druck

Berlin/Düsseldorf · 13,4 Millionen Dokumente über Anlagen in Steueroasen wurden einem Journalistennetzwerk zugespielt. Die Spielefirma Gauselmann aus NRW kommt vor, auch der Rockmusiker Bono und die Familie Engelhorn.

Jachthafen von Hamilton auf den Bermudas: Nach den Panama Papers gibt es weitere Daten über Steuerschlupflöcher.

Jachthafen von Hamilton auf den Bermudas: Nach den Panama Papers gibt es weitere Daten über Steuerschlupflöcher.

Foto: dpa

Erneut zeigt sich, wie stark globale Konzerne und wohlhabende Einzelpersonen und Familien Steuerparadiese nutzen, um Informationen über ihre Geldanlagen möglichst geheim zu halten und um dabei teilweise auch Steuern zu hinterziehen. Das Journalistennetzwerk ICIJ (International Consortium of Investigative Journalists) hat am Montag begonnen, über einen riesigen Datensatz zu berichten. Wir beantworten Fragen zu den „Paradise-Papers“, wie sie das ICIJ in Anspielung auf den Begriff Steuerparadies genannt hat.

Sind Anlagen in Steuerparadiesen strafbar?

Die Anlage von Geld in Steueroasen ist an sich nicht strafbar. Kriminell ist aber, solche Konten zu nutzen, um einer Steuerpflicht in der Heimat oder einem anderen Land gezielt durch das Vertuschen von Einnahmen zu entgehen. Weil viele der Depots oder Treuhandkonten („Trusts“) unter Tarnnamen geführt werden, vermuten Experten häufig Steuerhinterziehung als ein Motiv.

Wer ist betroffen?

In den 13,4 Millionen Dokumenten tauchen die Namen von mehr als 120 Politikern aus rund 50 Ländern auf, ebenso viele Superreiche, Sportler und Unternehmer. Am politisch brisantesten dürfte sein, dass 14 Berater, Spender und Kabinettsmitglieder von US-Präsident Donald Trump in den Materialien vorkommen.

Der bisher bekannteste Deutsche ist Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD): Er wird als „unabhängiger Aufsichtsrat“ des russisch-britischen Energieunternehmens TNK-BP erwähnt – aber das war interessierten Kreisen schon bekannt. Der Rocksänger Bono ist laut dem Material über eine Firma in Malta Mitinhaber eines Einkaufszentrums in Litauen – eine Sprecherin bestätigte dies grundsätzlich. Der Vorgang mag mit Steuerhinterziehung nichts zu tun haben, ist für Bono als Kämpfer gegen weltweite Armut trotzdem peinlich.

Was sagt die NRW-Landesregierung?

Das NRW-Finanzministerium möchte bei der Aufklärung helfen. „In solchen Fällen haben unsere Finanzbehörden große Erfahrung“, sagt NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU). „Wir können daran mitwirken, dass Kriminelle keine Chancen mehr haben, mit Hilfe der Oasen dieser Welt Steuern zu hinterziehen.“ Bei der Auswertung der „Paradise Papers“ könnten in NRW zehn spezialisierte Finanzämter kooperieren.

Was ist mit dem Engelhorn-Clan?

Laut Einschätzung der Süddeutschen Zeitung könnten auf die Erben des vor einem Jahr gestorbenen Milliardärs Curt Engelhorn Steuernachzahlungen zukommen. Denn der frühere Mitinhaber des Pharmakonzerns Boehringer Mannheim habe für sich und seine Familie viel mehr Trusts, Stiftungen und Briefkastenfirmen unterhalten, als bei einem Verfahren in den Jahren 2015/2015 eingeräumt worden waren. Damals hatten seine zwei Töchter 145 Millionen Euro an Schenkungssteuer nachgezahlt. In dem neuen Material kommen aber 38 Offshore-Firmen hinzu, die den Behörden bisher anscheinend nicht bekannt waren. „Es wäre möglich, dass wir bei relevanten neuen Erkenntnissen wieder neu ermitteln“, erklärt dazu Gerhard Wipijewski, Vorsitzender der Bayerischen Steuergewerkschaft.

Wie ist die Gauselmann-Gruppe betroffen?

Der Glücksspiel-Unternehmer Paul Gauselmann hat eine Tochterfirma auf der Isle of Man. Das Unternehmen bestätigte dies gegenüber unserer Redaktion. Von der Insel aus werde Online-Glücksspiel vertrieben. Man wolle nun aber noch einmal „mit allem Nachdruck“ darauf drängen, dass die Online-Spiele nur in erlaubten Märkten wie Italien, Spanien oder Schleswig-Holstein angeboten werden – in anderen Teilen Deutschlands ist das Geschäft dagegen illegal. Gauselmann gibt an, den Standort Isle of Man nicht aus steuerlichen Gründen gewählt zu haben.

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