Der harte Preiswettbewerb der Banken „Das Geld fliegt nicht durch die Luft“

Berlin · Bankenverbandschef Andreas Krautscheid spricht über die wachsende Konkurrenz für das traditionelle Geschäft der Geldinstitute. Was er von Bitcoins hält.

Kontoauszüge, Überweisungen – noch für die kleinste, eigentlich selbstverständliche Dienstleistung verlangen die Banken Ihres Verbandes inzwischen Gebühren. Wann ändert sich das?

Andreas Krautscheid: Dass Dienstleistungen einen angemessenen Preis haben, wird so bleiben. Und wenn durch die Niedrigzinspolitik eine wichtige Ertragsquelle – der Kreditzins – im Wesentlichen wegfällt, müssen die Institute andere Wege gehen.

Das heißt: Wenn die Europäische Zentralbank ihre Zinsen erhöht, sinken im Gegenzug die Bankgebühren?

Krautscheid: Das entscheidet jede Bank selbst. Wir haben in Deutschland mit Volksbanken, Sparkassen und unseren privaten Banken die höchste Angebotsdichte in ganz Europa – mit einem harten Preiswettbewerb. Gut für die Kunden.

Die Zinsen für Guthaben liegen bei null, für Dispokredite verlangen Ihre Institute jedoch bis zu 14 Prozent. Bisschen happig?

Krautscheid: Der Durchschnitt ist mittlerweile auf unter neun Prozent gesunken, sagt die Bundesbank. Wem der Dispo bei seiner Bank oder Sparkasse zu teuer ist, kann heute sehr leicht wechseln. Wichtig ist aber, das richtige Servicepaket zu haben: Wie viele Überweisungen mache ich, wie oft brauche ich Geldautomat und Kreditkarte, erledige ich das meiste online? Der Preis für das Paket muss stimmen, die einzelne Komponente ist weniger wichtig.

Wundert es Sie angesichts der aktuellen Geschäftspolitik, dass Kunden nach Alternativen zu Banken Ausschau halten und neue Anbieter nutzen?

Krautscheid: Wettbewerb ist absolut in Ordnung, da halten wir mit.

Haben wir es beim Bundesverband der deutschen Banken mit der Lobby einer aussterbenden Spezies zu tun?

Krautscheid: Sicher nicht. Die Digitalisierung verändert zwar auch den Finanzsektor massiv, etwa mit neuen Anbietern wie Fintechs. Da entwickeln sich jetzt ganz neue Partnerschaften, denn auch mit schicken, neuen Ideen ist es nicht leicht, die großen Kundenzahlen von Banken zu erreichen. Da macht man es vielleicht besser gleich gemeinsam.

Mit Amazon Pay oder Google Wallet kann man beim Einkauf im Internet oder auch schon an der Ladenkasse per Smartphone zahlen. Das ist eine Gefahr für das Geschäftsmodell der Banken, denn sie müssen die Erträge des Zahlungsverkehrs nun mit anderen teilen.

Krautscheid: Sie haben Recht, vermutlich sind es die Datenriesen wie Google oder Facebook, die in wenigen Jahren die härtesten Konkurrenten von Banken sind. Wenn die zukünftig Bankdienstleistungen erbringen wollen, brauchen sie eine Banklizenz und werden auch so überwacht. Einige Banken werden überlegen, ob sie zum Beispiel für Zahlungsdienstleistungen die technische Infrastruktur zuliefern.

Eine Bank ohne Kundenkontakt – ist das nicht der Anfang vom Ende?

Krautscheid: Das ist sicher eine entscheidende, für manche Banken sogar eine lebenswichtige Frage: Wer hat den unmittelbaren Kundenkontakt? Unsere Banken haben aber gegenüber den großen internationalen Datenkraken einen Riesenvorteil: Umfragen zeigen immer wieder, dass die Kunden den Banken besonders vertrauen, wenn es um den verantwortungsvollen Umgang mit ihren persönlichen Daten geht. Dieses Vertrauen ist ein Wettbewerbsvorteil, den es zu verteidigen gilt.

Facebook hat in Irland bereits eine Banklizenz erhalten. Sehen Sie die Gefahr, dass der Zahlungsverkehr zwischen Privatpersonen ins soziale Netzwerk abwandert?

Krautscheid: Nein, das Geld fliegt ja nicht durch die Luft. Der Transfer von einem Besitzer zum anderen erfordert einen höchst komplizierten technischen Vorgang. Innerhalb von Sekunden muss beispielsweise eine Überprüfung auf mögliche Geldwäsche- oder Terrorfinanzierung stattfinden. Es gilt, die Datensicherheit zu gewährleisten. Das verlangt die Bankenaufsicht. Mit solchen Prozessen kennen die Institute sich aus und haben hier entscheidende Vorteile.

Um den Onlinehandel zu erleichtern, dürfen neue Zahlungsdienstleister künftig direkt auf die Konten der Bankkunden zugreifen. Weiß Amazon dann beispielsweise, über welches Guthaben ich verfüge und von wem ich Überweisungen erhalte?

Krautscheid: Die Digitalisierung bringt ganz neue Dienstleistungen hervor. Manche Kunden wünschen einen schnellen Überblick über ihre Konten bei verschiedenen Instituten. Firmen beanspruchen das Recht, Zahlungen für Interneteinkäufe des Kunden auszulösen. Eine Voraussetzung für solche Geschäftsmodelle ist der Zugriff auf die Privatkonten. Die Banken waren damit anfangs nicht glücklich.

Und nun?

Krautscheid: Die EU will es so. Deshalb ist am 13. Januar 2018 ein Gesetz in Kraft getreten, das den Zugriff reguliert. Bisher herrschte Wildwuchs. Nun brauchen Unternehmen, die das tun, eine Lizenz beziehungsweise Registrierung der Finanzaufsicht Bafin. Die Banken haben mit den Verbraucherschützern dafür gekämpft, dass die externen Dienstleister nur die unbedingt nötigen Informationen bekommen und Datensicherheit gewährleistet ist.

Falls das Konto im Minus ist, könnte der Konzern die Abwicklung des jeweiligen Einkaufs verweigern.

Krautscheid: Das ist das Risiko des Kunden. Er sollte sich genau überlegen, wem er den Zugriff gewährt.

Ein weiterer Angriff auf das traditionelle Geschäftsmodell der Banken ist das Internetgeld Bitcoin. Wie viele Ihrer Mitgliedsinstitute unterstützen ihre Kunden beim Bezahlen damit?

Krautscheid: Ich kenne keine Bank, die das derzeit macht. Denn Bitcoins sind keine Währung und kein gesetzliches Zahlungsmittel, sondern vor allem Spekulationsobjekte. Zwischendurch gab es auch rasante Abstürze. Wir können nur jedem Kunden raten: Sei vorsichtig! Die Blockchain-Technologie, auf der Bitcoins und andere Internetwährungen laufen, ist für unsere Banken sehr interessant. Denn die kann dazu dienen, sehr große Datenmengen abzuwickeln.

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