Nach Terroranschlag in Tunis Tourismus in Tunesien droht der Absturz

TUNIS/MADRID · "Wir haben kein Sicherheitsproblem. Alles ist unter Kontrolle", hatte Tunesiens Tourismusministerin Selma Elluni Rekik noch kurz vor dem verheerenden Anschlag in Tunis gesagt. Und dabei die Hoffnung ausgedrückt, dass mit der aufblühenden Demokratie auch mehr Urlauber in das nordafrikanische Musterland kommen werden.

 Neben Zimmermädchen, Kellnern und Fremdenführern profitieren auch die Händler von einem florierenden Tourismus.

Neben Zimmermädchen, Kellnern und Fremdenführern profitieren auch die Händler von einem florierenden Tourismus.

Foto: EPA

Nun, nach dem Blutbad im Bardo-Museum am 18. März, muss die Ministerin beten, dass der Besucherstrom nicht abrupt stoppt.

Die terroristische Attacke traf Tunesien, wo es am meisten wehtut: im Rückgrat der Wirtschaft. Das Feriengeschäft macht nach Angaben der Regierung über 15 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Es ist wichtigster Jobmotor und Devisenbringer des Landes, in dem der Tourismus für viele Menschen die einzige Hoffnung auf ein besseres Leben ist. Eine Heerschar von Zimmermädchen, Kellnern, Fremdenführern und Basarhändlern unterhalten ganze Großfamilien mit ihrem bescheidenen Einkommen.

Mehr als sechs Millionen ausländische Urlauber kamen 2014 in das Land, das mit vielen Stränden, Kulturschätzen, Wüstenoasen und günstigen Preisen lockt. Die Hälfte der Reisenden sind Europäer. Dabei fliegen die Deutschen besonders auf Tunesien: Sie stehen mit mehr als 400 000 Urlaubern gleich nach den Franzosen an zweiter Stelle in der Besucherstatistik.

Angesichts des nun drohenden Absturzes der Urlaubswirtschaft rollte gleich nach dem Museumsmassaker eine breite Solidaritätskampagne mit Tunesien an. Eine Flut von Botschaften schwappte durch soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram oder Twitter: Mit Fotos, auf denen Menschen aus aller Welt - nach dem Motto jetzt erst recht - per Papier vor der Brust verkünden: "I will go to Tunisia this summer" (Ich werde diesen Sommer nach Tunesien fahren).

Die Befürchtung eines Buchungscrashes ist nicht unbegründet: Schon Stunden nach der Horrornachricht kündigten mehrere große Reiseveranstalter an, die tunesische Hauptstadt "vorläufig" aus ihrem Ausflugsprogramm zu streichen. Auch große Kreuzfahrtgesellschaften erklärten, dass sie zunächst nicht mehr den Hafen von Tunis anlaufen werden. Die meisten Opfer des Attentates waren per Kreuzfahrtschiff zum Besuch in die Stadt gekommen. Tunis ist als Hauptstadt kein Urlaubsort für längere Aufenthalte, sondern eher ein Ziel für Tagesausflüge jener Touristen, die in den Ferienhochburgen Sousse, Monastir oder auf der Insel Djerba Strandurlaub machen. In Tunis wie in diesen Erholungsoasen wurden inzwischen die Sicherheitsvorkehrungen spürbar erhöht. Zumal es auch außerhalb von Tunis schon etliche Terror-Zwischenfälle gab.

So versuchte im Herbst 2013 ein Kamikaze-Attentäter, mit einem Bombenkoffer in ein großes Hotel in Sousse einzudringen. Als ihm Sicherheitskräfte den Zutritt verwehrten, sprengte er sich am Strand in die Luft. Auf der Urlaubsinsel Djerba starben 2002 vor der Synagoge 23 Menschen bei einem Bombenattentat - unter den Opfern befanden sich 14 deutsche Touristen. Westliche Regierungen weisen schon länger darauf hin, dass Urlauber nicht nur in Tunesien, sondern in ganz Nordafrika wachsam sein sollten.

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