Privatbank Sal. Oppenheim Wirtschaftskrimi vor Gericht

KÖLN · Es wird eng im Kölner Landgericht, wenn sich nächste Woche die ehemalige Führung der Bank Sal. Oppenheim verantworten muss. Dabei ist der für die angesetzten 78 Verhandlungstage reservierte Saal 210 schon der größte im Justizgebäude an der Luxemburger Straße.

Zumindest zu Prozessbeginn dürfte der Andrang groß sein. Zwei Reihen im Zuschauerraum sind allein für Journalisten reserviert, die sich auch Aufschluss darüber erhoffen, wie denn Europas einst größte Privatbank an den Rand des Untergangs geraten konnte und nur durch einen Notverkauf an die Deutsche Bank gerettet wurde.

Bis das geklärt ist, werden sich die Beobachter gedulden müssen. Ab dem 27. Februar geht es vor der 16. Großen Strafkammer um drei Immobiliengeschäfte. Die vier ehemals persönlich haftenden Gesellschafter der Bank sowie der Immobilienentwickler Josef Esch müssen sich wegen schwerer Untreue und Beihilfe dazu verantworten. Bei den Geschäften soll der Bank laut Staatsanwaltschaft ein Schaden von rund 150 Millionen Euro entstanden sein. Viel Geld, keine Frage. Aber ob diese Summe der Bank das Genick brechen konnte, darf bezweifelt werden. Dafür dürften eher Fehlspekulationen im Aktienhandel und beim Handelskonzern Arcandor gesorgt haben (siehe unten).

Einigen Platz beansprucht auch die Verteidigung. Die fünf Angeklagten werden jeweils von bis zu drei Verteidigern vertreten, heißt es bei Gericht. Und dabei ist ihnen das Beste wohl gerade gut genug. Schließlich drohen bis zu zehn Jahren Haft bei schwerer Untreue. Eberhard Kempf, der Esch verteidigt, Daniel Krause, der an der Seite von Ex-Bankchef Matthias Graf von Krockow steht, oder Klaus Volk, der Strafverteidiger von Christopher von Oppenheim - sie alle stehen auf den einschlägigen Listen der Top-Juristen der Republik. Ihnen gegenüber stehen zwei Oberstaatsanwälte. Die Kammer wird geleitet von Sabine Grobecker und besteht aus zwei weiteren Richtern und zwei Schöffen.

Zunächst geht es wohl um ein Bürogebäude in Frankfurt an der Bockenheimer Landstraße. Hier sollte das Investmentbanking von Sal. Oppenheim einziehen. Gekauft hat es 2007 aber nicht die Bank, sondern eine Grundstücksgesellschaft, an der Krockow, Oppenheim, der Aufsichtsratschef der Bank, Georg Baron von Ullmann, sowie Esch beteiligt waren. Das Gebäude sollte renoviert und dann von der Bank gemietet werden. Das Gebäude erwies sich aber als zu groß. 2008 wurden fast 95 Prozent der Grundstücksgesellschaft verkauft, Käufer war Sal. Oppenheim, obwohl der Bereich Beteiligung der Bank angeblich abriet.

Zur Realisierung des Projekts musste das Institut laut Staatsanwaltschaft erhebliche Mittel in die Gesellschaft einbringen, ohne einen entsprechenden Gegenwert zu erhalten. 76 Millionen Euro Schaden sollen allein dabei entstanden sein. Zumindest nahm die Bank später eine derartige Abschreibung vor. Zu diesem Thema ließ das Gericht ein Gutachten erstellen.

Weiter geht es um eine Büroimmobilie in der Oppenheimstraße in Köln. Die mietete die Bank 2007 von einer Grundstücksgesellschaft, an der ebenfalls einige der Angeklagten beteiligt waren. Das Objekt wurde umfangreich umgebaut, die auf 30 Jahre festgeschriebene Miete lag laut Staatsanwaltschaft allerdings weit über dem Marktüblichen. Schaden für die Bank: 59 Millionen. Außerdem soll Esch als Geschäftsführer des mit den Umbauarbeiten beauftragten Unternehmens die Bezahlung von Rechnungen in Höhe von etwa fünf Millionen veranlasst haben, obwohl diesen keine Leistungen der abrechnenden Firmen zugrunde lagen.

2005 hatte die Bank schließlich eine Villa in Marienburg gekauft und umgebaut, in die dann die Mutter Christopher von Oppenheims eingezogen war. Der Verkehrswert nach Fertigstellung soll weniger als die Hälfte der aufgewendeten Kosten betragen haben, Oppenheim soll einen zugesagten Baukostenzuschuss von drei Millionen Euro nicht bezahlt haben, und die Miete soll zu niedrig gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft beziffert den Schaden für die Bank auf 8,6 Millionen Euro.

In einem der größte Wirtschaftsverfahren der Republik wird ein Wirtschaftskrimi aufgearbeitet. Da werden auch die rund 70 Plätze im Zuschauerraum begehrt sein.

Die Staatsanwaltschaft

Ende März 2010 hatte die Staatsanwaltschaft Köln ein Verfahren wegen des Verdachts der Untreue gegen frühere Manager von Sal. Oppenheim eingeleitet. Ein Untersuchungsbericht der Finanzaufsicht Bafin, Hinweise aus der Bank, Strafanzeigen und Presseberichte hatten die Ermittler auf den Plan gerufen, nachdem die Bank nur durch einen Notverkauf an die Deutsche Bank hatte gerettet werden können.

Mitte April 2010 durchsuchten Fahnder der Ermittlungsgruppe Byzanz unter Leitung der Oberstaatsanwälte Torsten Elschenbroich und Gunnar Geier Oppenheim-Gebäude in Köln und Frankfurt. Ein halbes Jahr später wurden sie erneut vorstellig. Durchsucht wurden die Büros sowie auch die Haupt- und ausgewählte Nebenwohnsitze der ehemals persönlich haftenden Gesellschafter.

Im Oktober wurden im Rahmen einer bundesweiten Razzia gegen frühere Verantwortliche von Arcandor auch die Esch-Holding sowie die Privatwohnung von Esch durchsucht. Hunderte Umzugskartons mit Akten sowie kopierte Daten sichteten die Ermittler, sie vernahmen Beschuldigte und Zeugen bis Ende 2011 eine erste, wie es damals hieß "nur einen Teilkomplex umfassende" Anklage erhoben wurde.

Im März 2012 folgte eine zweite Anklage, über die jetzt verhandelt wird.

Die Anwälte

Die fünf Angeklagten lassen sich von führenden deutschen Strafverteidigern vertreten. Ihre Mandantenliste liest sich wie ein Who is who. Unter anderem waren sie in den Mannesmann-Prozessen aktiv, verteidigten sie Prominente wie Tennisstar Boris Becker und Peter Graf, Vater der Tennis-Ikone Steffi Graf, den Baulöwen Jürgen Schneider oder den ehemaligen Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann.

Die Anwälte vertreten ihre Mandanten zum Teil schon seit knapp drei Jahren, als die Ermittlungen aufgenommen wurden. Die Angeklagten haben jeweils zwei bis drei Verteidiger, darunter auch Ansprechpartner vor Ort.

Die Richterin

Sabine Grobecker leitet seit einem Jahr die 16. Große Strafkammer am Landgericht Köln, vor der sich die ehemalige Oppenheim-Spitze und der Immobilienunternehmer Josef Esch verantworten müssen. Die 50-jährige Mutter zweier Söhne hat in Göttingen Jura studiert. Seit 1996 ist sie Richterin auf Lebenszeit am Landgericht Köln. Geurteilt hat sie schon auf zahlreichen Rechtsgebieten, etwa dem Presse-, dem Wettbewerbs-, dem Handels- und Gesellschafts- sowie dem Strafrecht. Sie hat vor einem Jahr in einem Pilotverfahren komplett auf Englisch verhandelt. Diese englisch-sprachige Kammer leitet sie auch heute noch.

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