Finanzdienstleister MLP "Wir verhelfen Ärzten zur eigenen Praxis"

BONN · Wenn Thomas Zöckler aus seinem Bürofenster schaut, blickt er direkt auf das Melbbad. In der Trierer Straße residiert der Finanzdienstleister MLP, und die Bonner Niederlassung war 1977 eine der ersten Filialen des sechs Jahre zuvor in Heidelberg gegründeten Unternehmens.

 Vor der Filiale in Bonn: Geschäftsstellenleiter Thomas Zöckler (l.) und MLP-Vorstandschef Uwe Schroeder-Wildberg.

Vor der Filiale in Bonn: Geschäftsstellenleiter Thomas Zöckler (l.) und MLP-Vorstandschef Uwe Schroeder-Wildberg.

Foto: Julian Stech

Finanzprodukte an Akademiker verkaufen - mit dieser Idee wurde MLP groß, stieg sogar in den Dax auf, stürzte dann aber 2002 in einem Bilanzskandal ab. Kaum aufgerappelt, traf die Finanzkrise MLP stark; der Jahresumsatz liegt mit gut einer halben Milliarde Euro heute auf dem Niveau von vor zehn Jahren. Immerhin: Die ursprüngliche Geschäftsidee funktioniert noch.

Zöckler, als promovierter Geisteswissenschaftler Quereinsteiger, steuert als Geschäftsstellenleiter 31 für MLP tätige Finanzberater. Knapp 9000 Kunden hat das Unternehmen in Bonn, 2000 davon sind Ärzte. Ihnen helfen Zöckler und seine Berater zum Beispiel auf dem Weg zur eigenen Praxis. Oder sie suchen Nachfolger für Ärzte, die etwa aus Altersgründen ihre Praxis aufgeben.

Für Mediziner auf dem Land sei es nicht leicht, Nachfolger zu finden. "In den nächsten Jahren werden viele Ärzte aus Altersgründen ihre Praxen aufgeben", prognostiziert Zöckler. Klinikärzte täten sich oft schwer mit dem Sprung in die Selbstständigkeit. "Dabei haben niedergelassene Mediziner mit guten Praxen in der Regel höhere Einkommen als ihre angestellten Kollegen." MLP unterstützt Ärzte, die sich selbstständig machen, unter anderem bei der Rechnungslegung und mit Coaching.

Bonn ist für MLP ein Schwerpunkt für die Beratung von Medizinern, Juristen, Betriebswirte, Techniker und andere Akademiker zählen aber auch zur Klientel. In Köln residiert MLP im Cäcilienkloster, dort sind 53 Berater tätig. Die Spezialisierung auf Akademiker zahle sich aus, denn der Markt sei seit der Finanzkrise schwieriger geworden.

"Finanzdienstleistungen stehen insgesamt unter Druck", sagt MLP-Vorstandschef Uwe Schroeder-Wildberg. Der Betriebswirt und ausgebildete Bariton, der zur Aufarbeitung des Bilanzskandals 2003 zunächst als Finanzchef zu MLP gerufen wurde und ein Jahr später den Vorstandsvorsitz übernahm, ist aus Wiesloch zu Gesprächen in Köln und Bonn angereist. In den vergangenen Jahren hat er die Vermögensverwaltung und die betriebliche Vorsorge auf- und ausgebaut. "Mit 29 Milliarden Euro betreutem Vermögen haben wir die Größe der führenden Privatbanken in Deutschland", sagt er. Die neuen Geschäftsfelder stabilisieren MLP in einer Zeit, in der es schwieriger geworden ist, klassische Vorsorgeprodukte wie Lebensversicherungen zu verkaufen. Auf Vorsorgeprodukte entfällt aber immer noch knapp die Hälfte vom MLP-Umsatz. Vorsorge bleibe auch wichtig, betont Schroeder-Wildberg.

Studien hätten ergeben, dass die Menschen ihre Lebenserwartung im Schnitt um acht Jahre unterschätzen. Im hohen Alter könne es problematisch sein, wenn das Vermögen einseitig aus Immobilien besteht. "Zu bedenken sind zum Beispiel der Verwaltungsaufwand und die Liquidität. Besser ist eine breitere Aufstellung, in der Immobilien neben lebenslang zahlenden Rentenversicherungen ihren Platz finden." Dafür aber müssten Akademiker wegen sinkender staatlicher Renten heute früher ansparen. "Eine Finanzplanung muss auch berücksichtigen, dass sich die Einkommenslage zum Beispiel mit Kindern zeitweise auch verschlechtern kann."

In der Beratung arbeitet MLP bundesweit mit knapp 2000 Handelsvertretern zusammen. Hinzu kommen 1500 eigene Mitarbeiter. Die Erlöse setzen sich aus Provisionen und Honoraren zusammen. In Bonn und Köln sind Schroeder-Wildberg zufolge die Umsätze im ersten Quartal kräftig gestiegen. Insgesamt erwartet der MLP-Chef ein moderates Wachstum fürs laufende Jahr.

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