Haribo in Bonn Wieso die Bundesstadt kein geeignetes Grundstück anbieten konnte

BONN · Die Nachricht von der Entscheidung der Firma Haribo, auf der Grafschaft ein neues Logistikzentrum und später eine weitere Produktionsstätte zur errichten, hat im Bonner Rathaus gemischte Reaktionen ausgelöst. Die Mitarbeiter des Haribo-Werks in Kessenich wurden bislang offenbar nicht über die Pläne des Traditionsunternehmens informiert.

"Die Stadt Bonn hat über mehrere Monate gemeinsam mit dem Unternehmen geprüft, ob die vorgesehene Erweiterung von Haribo in Bonn möglich gemacht werden kann", sagte gestern Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch. Zu diesem Zweck habe er eigens eine verwaltungsinterne "Projektgruppe Haribo" gegründet.

In den Gesprächen mit dem Unternehmen sei deutlich geworden, dass es Haribo nicht um einen Wegzug aus Bonn gehe, sondern darum, das Unternehmen zu erweitern. Doch die benötigte Fläche von 35 Hektar stehe in Bonn an keiner Stelle zur Verfügung.

"Die Stadt freut, dass es gelungen ist, die Erweiterung in der Region zu ermöglichen. Haribo ist und bleibt eine Bonner Marke ganz gleich, wo die Gummibärchen produziert und gelagert werden", betonte Nimptsch.

Für CDU-Ratsherrn Guido Déus, Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses ist entscheidend, dass der Hauptsitz in Bonn bleibt. "Leider konnte die Stadt den Bedarf an zusätzlichen Flächen für Haribo nicht befriedigen", sagte er. Beunruhigend finde er allerdings den Hinweis, dass Haribo am neuen Standort in einem zweiten Schritt eine Produktionserweiterung plane. "Die Stadt Bonn muss jetzt alles dafür tun, dass wir das Unternehmen hier halten und die Produktionsstätte zukunftssicher ist", erklärte Déus. Er erwarte, dass der OB und die städtische Wirtschaftsförderung eng in Kontakt mit Haribo bleibt.

Auch SPD-Wirtschaftsexperte Ernesto Harder bedauerte, dass die Stadt Bonn kein Grundstück für ein neues Logistikzentrum zur Verfügung stellen konnte. "Es ist von außerordentlicher Wichtigkeit, das Prestigeunternehmen in Bonn zu halten", war er sich mit Déus einig. Alle Beteiligten - Verwaltung und Politik auf der einen Seite, aber auch die Konzernführung auf der anderen - seien aufgerufen, auch im Sinne der Arbeitnehmer alles zu tun, um Haribo in Bonn zu erhalten.

Ins gleiche Horn stieß Tom Schmidt (Grüne): "Es gilt nun alles dafür zu tun, dass auch zukünftig der Konzernsitz in Bonn erhalten bleibt." Die geplante Erweiterung in unmittelbarer Nähe von Bonn biete dafür eine gute Grundlage.

Achselzucken bei den Mitarbeiter des Haribo-Werks, die gestern Nachmittag aus dem großen Tor an der Hans-Riegel-Straße in Kessenich strömten. "Nein, von einem neuen Standort haben wir noch nichts gehört", sagte ein junger Mann. "Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die Produktion irgendwann nicht mehr in Bonn stattfindet." Angst vor einem Stellenabbau in Kessenich hätten sie nicht, versichern zwei Mitarbeiterinnen. "Haribo wird ja immer gegessen."

Dass das zusätzliche Logistikzentrum oder eine weitere Produktionsstätte auf der Grafschaft Auswirkungen auf den Standort haben, daran glauben auch die Anwohner nicht. "Darüber, dass Haribo wegziehen will, wird bestimmt schon seit zehn Jahren immer wieder gesprochen - die bleiben hier", war sich gestern eine 65-Jährige sicher, die seit 30 Jahren unweit des Geländes wohnt. Die Lastwagen stören sie nicht, auch nicht der Geruch nach Gummibärchen und Lakritz, der hin und wieder herüberweht. "Früher war der viel stärker. Und überhaupt: Ist doch lecker." Dass Haribo einmal ganz aus Kessenich verschwinden könnte, kann sie sich nicht vorstellen.

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