Werft Mittelrhein GmbH in Oberwinter meldet Insolvenz an

"Wilhelma" lief als letztes Schiff vom Stapel - In 60 Jahren 200 Schiffe gebaut

Werft Mittelrhein GmbH in Oberwinter meldet Insolvenz an
Foto: Martin Gausmann

Oberwinter. Ob die Auto-Fähre "Siebengebirge" in Bad Honnef, der Rhein-Riese "MFS Rheingold", die altehrwürdige "Stadt Bonn" oder die futuristische "Enterprise" - Namen von Schiffen, die viele kennen.

So unterschiedlich sie auf den ersten Blick auch sein mögen, so verfügen sie doch über eine entscheidende Gemeinsamkeit. Denn sie alle sind "Made in Oberwinter". Insgesamt hat die Werft in Oberwinter in 62 Jahren fast 200 Schiffe vom Stapel laufen lassen. Jetzt steht fest, dass das für Stuttgart gebaute Party-Floß "Wilhelma" das letzte in Oberwinter gebaute Schiff bleiben wird.

Denn die Wirtschaftskrise hat auch vor den letzten Schiffsbauern im Kreis Ahrweiler nicht halt gemacht. Die Werft und Servicezentrum Mittelrhein GmbH hat Insolvenz anmelden müssen. Erst gut drei Monate ist es her, dass die Werft für positive Schlagzeilen gesorgt hat. Denn mit dem havarierten "Moby Dick", hatten Unternehmenschef Rainer Ritzdorf und sein Team das wohl beliebteste Schiff der Bonner Personenschifffahrt, wieder flott gemacht.

Zudem war die Werft nach Firmenangaben europaweit für ihre ebenso innovative wie individuelle Bauweise bekannt. Unumstrittenes Vorzeigeobjekt war bis zuletzt die "RPR Eins Enterprise", mit deren Bau vor zwölf Jahren ein neues Kapitel der Ausflugsschifffahrt auf Rhein und Mosel aufgeschlagen werden sollte.

Ausgestattet mit "Beam"-Station, "Touch-Screen"-Computer und Sternenhimmel war das acht Millionen Mark teure 900-Personen-Schiff nach nur sieben Monaten Bauzeit vom Stapel gelaufen. Stolz ist Ritzdorf auch auf den "Spree-Diamant", vor vier Jahren als modernstes Binnen-Fahrgastschiff Deutschlands gehandelt. Den "Neubau 143" hatte Ritzdorf nach Vorgaben der Reederei eigens für die Brückenfahrten auf dem Landwehrkanal entworfen.

Das Besondere daran war der Doppelrumpf, durch den das Schiff als nahezu unsinkbar gilt. Schiffe aus Oberwinter fahren aber auch auf Flüssen und Seen in Österreich, Frankreich, Holland und - wie das Fahrgastschiff "Ibi" - sogar in Nigeria.

Die Ursprünge der Werft reichen bis ins Jahr 1947 zurück. Damals hatte die französische Besatzungsmacht sie als Reparaturbetrieb gegründet, bevor der Betrieb 1952 in private Hände überging. Seitdem hat die Werft immer wieder auch Turbulenzen durchmachen müssen.

Bis zur ersten Schließung im Jahre 1974 hatten bereits 140 Frachter und Tanker sowie sechs große hochseefähige Schiffe die Werft verlassen. 1976 wieder in Betrieb genommen, kamen 60 weitere Großschiffe, Fähren und Motorjachten hinzu. Bis der Betrieb 1998 erneut Konkurs hatte anmelden müssen, waren dort in Spitzenzeiten bis zu 300 Mitarbeiter beschäftigt.

Unter Ritzdorf, der 1965 als Lehrling zur Werft gekommen war, später viele Jahre als Technischer Leiter für die Schiffskonstruktionen zuständig war und erst im Februar vergangenen Jahres die Geschäftsführung übernommen hatte, waren es insgesamt 15 Angestellte. Als Gründe für das Aus gibt der Unternehmenschef die fehlende Liquidität eines Auftraggebers aus der Schweiz und die Wirtschaftskrise an.

Das Fahrgastschiff für 160 Personen sollte etwa 350 000 Euro kosten. "Die Anzahlung ist erfolgt, aber dann hat der Auftraggeber von den Banken kein Geld mehr bekommen", erklärt der 58-Jährige. Von dem Schiff, das eigentlich seit März auf dem Neuenburger See seiner Bestimmung hätte nachkommen sollen, ist lediglich die Grundkonstruktion gebaut worden. Sie soll nun wieder in ihre Einzelteile zerlegt werden, um wenigstens den Stahl noch zu Geld machen zu können.

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