Selbstfahrende Autos Wer haftet bei Schäden und wem gehören die Daten?

MÜNCHEN · Selbstfahrende Autos elektrisieren nicht nur Verbraucher und PS-Konzerne sondern auch die Assekuranz. "Das wird für Versicherer gravierende Konsequenzen haben", sagt Markus Rieß. Er ist Deutschland-Chef der Allianz und bekennender Nutzer von Kfz-Assistenzsystemen.

Selbstfahrende Autos wie dieses von Google werfen versicherungstechnisch viele Fragen auf.

Selbstfahrende Autos wie dieses von Google werfen versicherungstechnisch viele Fragen auf.

Foto: dpa

In seinem Firmenwagen sei jedenfalls alles drin, was es derzeit zu Kaufen gibt. "Die Technik meistert Gefahren besser als Menschen", zeigt sich der Versicherungsmanager überzeugt. Weil das Schadenspotenzial die Tarifhöhe bestimmt, sei deshalb klar, dass automatisiertes Fahren einen dämpfenden Einfluss auf die Beitragshöhe einer Kfz-Police haben wird.

Diese Zukunft hat schon begonnen. So rabattiert die Allianz die Versicherung eines mit Notbremssystem ausgerüsteten Autos je nach Typ mit sechs bis zehn Prozent. Auch Vorstufen selbstständig fahrender Autos wie Einparkhilfen können für das Schadensaufkommen eines Versicherers einiges bewirken.

So geschehen 40 Prozent aller Unfälle beim Parken und Rangieren. Dabei entstehende Schäden sind zwar nicht groß. Aber speziell das Lackieren kommt oft teuerer als das Ersatzteil selbst. Heute gehen allgemein 90 Prozent aller Autounfälle auf menschliches Versagen zurück und nur das verbleibende Zehntel auf versagende Technik.

Autobauer wie BMW sind sicher, dieses Prinzip auch auf hochautomatisierte Autos übertragen zu können. "Normalfahrer fahren schlechter als Maschinen", sagt der Geschäftsführer der BMW-Forschung und Technik, Christoph Grote. In Tests habe man computergesteuerte Autos gegen Menschen antreten lassen, und nur professionelle Formel1-Piloten hätten in Extremsituationen noch besser abgeschnitten als die Technik.

Mindestens so wichtig wie das technisch Machbare ist aber bei allen Träumen rund um Roboterautos, die zumindest in bestimmten Situationen keinen Fahrer mehr benötigen, der rechtliche Rahmen. Rieß schildert einen potenziellen Schadensfall aus dem Jahr 2017, also nicht allzu ferne Zukunftsmusik. Ein Fahrer meldet einen Schaden, der beim entstanden ist, als sein Auto selbstständig einparkte. Das System habe ein Hindernis nicht erkannt und er will deshalb in seiner Vollkaskopolice nicht hochgestuft werden, weil er ja selbst nicht gefahren ist. Die Allianz möge doch bitte den Autohersteller in Regress nehmen, dessen Technik versagt habe.

Wie der Fall ausgehen könnte, weiß heute noch niemand genau. Um die Schuldfrage zu klären, müsse man aber klären, ob das Assistenzsystem überhaupt aktiviert war und dazu einen Blick in den Datenspeicher des Fahrzeugs werfen, stellt Rieß klar.

Das wirft das nächste juristische Problem auf. Wem gehören die durch moderne Automobiltechnik in immer größerem Umfang angehäuften Datenmengen? Im Prinzip dem Autofahrer oder Halter, sagt Rieß. Daran schließt sich allerdings bei jedem Schadensfall ein "Aber" an, das Zündstoff birgt. Es gebe Klärungsbedarf seitens des Gesetzgebers, räumt Rieß ein. Das sieht auch mancher Politiker so. "Wenn wir jetzt nicht handeln, sagt bald das Auto vor Gericht gegen uns aus", hat es Grünen-Politikerin Renate Künast jüngst auf den Punkt gebracht.

Werden die Paragrafen nicht geändert, wird es ein vollständig selbstfahrendes Auto ohnehin niemals geben, selbst wenn es technisch machbar ist. Denn bislang müssen die Systeme laut geltendem Gesetz stets abschaltbar bleiben. Wenn die Technik erkennt, dass sie zum Beispiel witterungsbedingt an ihre Grenzen stößt, muss sie die Souveränität über das Auto zudem wieder an einen Fahrer übergeben können. Und es gibt weitere Fragen: Was beispielsweise, wenn Hacker die Kontrolle über die Autoelektronik übernehmen?

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