Wer zahlt bei Verspätungen? Wenn Fluggäste auf der Strecke bleiben

Berlin · Der Bundesgerichtshof verweist den Streit um Zahlungen für verspätete Anschlussflüge an den Europäischen Gerichtshof. Dabei geht es um bares Geld.

Der Flug von Hamburg nach Fuerteventura dauerte für ein Ehepaar mit zwei Kindern rund 14 Stunden länger als gedacht. Grund war eine vergleichsweise kleine Verzögerung bei dem ersten von zwei Flügen, der in Las Palmas zum Umstieg führte. Der Flieger kam dort 20 Minuten zu spät an. Daraufhin verpassten die Reisenden die zweite Maschine, die sie ans Ziel bringen sollte. Dies sei Grund genug für eine Entschädigung, dachten sich die beiden Fluggäste. Doch der Veranstalter sperrte sich, es ging vor Gericht.

Nun hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem Fall beschäftigt. Es geht um bares Geld, wenn Flüge stark verspätet sind oder gar ausfallen. 400 Euro sieht die europäische Fluggastrechteverordnung vor, wenn innereuropäische Flüge über eine Distanz von mehr als 1500 Kilometern mehr als drei Stunden zu spät kommen. Zwei Gerichte hatten den Anspruch der Urlauber zuvor verneint.

Die Familie hatte bei Tuifly gebucht, Das Unternehmen war aber nur für den geringfügig verspäteten ersten Flug zuständig. Die unteren Instanzen sahen daher keine Verantwortung von Tuifly für die gesamte Hinreise. Auf eine Entscheidung müssen die Kläger nun weiter warten. „Der BGH ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch in dieser Konstellation noch nicht hinreichend geklärt sind“, erklärter die Richter nach der Verhandlung.

Sie wollen die Frage nun dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Klärung vorlegen. Das in Luxemburg ansässige oberste Gericht der EU ist für die Fluggastrechteverordnung zuständig. Am Ende geht es um die Bewertung eines kleinen Unterschieds. Bei einer Verspätung von mehr als drei Stunden am letzten auf dem Flugschein benannten Ziel ist eine Entschädigung fällig. Ob dies auch der Fall ist, wenn der Veranstalter nur eine Buchungsbestätigung für beide Flüge ausgegeben hat, es aber keine gesonderte Buchungsbestätigung für beide Flüge durch das Luftfahrtunternehmen gibt, ist offen. Der BGH neigt nach eigener Aussage zu einer verbraucherfreundlichen Interpretation. Wann eine endgültige Entscheidung ergeht, lässt sich derzeit nicht sagen.

Die Fluggastrechte sind ein ständiger Zankapfel. Immer wieder berichten Passagiere, dass ihnen zustehende Zahlungen verwehrt werden. Von allein zahlen die Airlines ohnehin keinen Cent. Die betroffenen Kunden müssen die Zahlung einfordern. Oft hat dies keinen Erfolg, denn manche Unternehmen reden sich aus der Verantwortung, zum Beispiel durch einen Hinweis auf höhere Gewalt, die zum Flugausfall oder zur Verspätung geführt haben soll.

Die Kunden können sich zwar an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) wenden. Dort ist die Zahl der Beschwerden im vergangenen Jahr mit 8700 auf einen Höchstwert angestiegen. Doch das Verfahren dauert eine Zeit. Unklar ist auch noch, wie sich die Rechtslage nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU darstellen wird. Denn die Flugrechte gelten nur auf innergemeinschaftlichen Verbindungen.

Die Fluggesellschaften wollten das System reformieren und erst ab fünfstündigen Verspätungen Entschädigungsleistungen bezahlen. Das ist vorerst gescheitert. Die Verhandlungen darüber liegen seit dem vergangenen Jahr auf Eis. Auch bei anderen Rechten der Kunden zeigen sich viele Gesellschaften zugeknöpft. Kann man einen Flug zum Beispiel gar nicht erst antreten, müssten die Airlines eigentlich die darauf schon bezahlten Flughafengebühren erstatten. Auch diesen Anspruch müssen Passagiere oft mühevoll durchsetzen.

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