Zukunft der Logistikbranche Wenn der Roboter das Paket bringt

Düsseldorf · Einzelhändler und Lieferdienste testen neue Transportmöglichkeiten. Die Post kann sich vorstellen, dass Robotik die Zusteller entlasten könnte.

 Die Paketdrohne der Deutschen Post bei einem Testflug.

Die Paketdrohne der Deutschen Post bei einem Testflug.

Foto: dpa

Ein ungewöhnliches Bild wird sich in wenigen Wochen den Anwohnern im Düsseldorfer Stadtteil Grafenberg bieten: Ab Anfang September will die Elektronikkette Media Markt dort einen Lieferroboter auf die Straße schicken, der Kunden in bis zu fünf Kilometern Umkreis die Bestellungen bis vor die Haustür transportiert. Mit einer Geschwindigkeit von bis zu fünf Stundenkilometern soll der kleine Roboter auf seinen sechs Rädern weitgehend selbstständig über die Bürgersteige wieseln. Neun Kameras sollen ihm dabei die Orientierung erleichtern und Zusammenstöße mit Fußgängern und Laternenmasten verhindern. Ganz auf sich gestellt ist der Roboter aber nicht: Im Hintergrund wacht ein Aufseher, der bei Problemen eingreifen und sich bei Bedarf sogar mit den Kunden und Passanten unterhalten kann.

Die Hoffnung des Handelsriesen Metro, zu dem Media Markt gehört: Die vom europäischen Start-up Starship Technologies entwickelten Roboter sollen schon bald eine schnelle und gleichzeitig preiswerte Belieferung der Kunden „in nahezu Echtzeit“ ermöglichen.

Mit seinem High-Tech-Engagement ist der Düsseldorfer Handelsrise nicht allein. Auch der zum Otto-Konzern gehörende Versender Hermes kündigte bereits noch für diesen Monat Tests mit den Lieferrobotern von Starship an. „Der Einsatz von Robotern kann die Zustellung von Päckchen und Paketen speziell im städtischen Raum nachhaltig revolutionieren“, meint Hermes Deutschland-Chef Frank Rausch. Andere Konzerne – wie der Internetriese Amazon oder die Deutsche Post – setzen auf Paketdrohnen, die die Lieferungen auf dem Luftweg zum Kunden bringen sollen. Der Paketkopter, wie die Post ihr gelbes unbemanntes Flugobjekt selbst nennt, sei im Gegensatz zu Robotern nicht ans Straßennetz gebunden, erklärt der Bonner Konzern, wieso er sich für die Drohne entschieden habe. Er könne trotz natürlicher Barrieren wie Wasser oder Berge, Sendungen überbringen. Das mache ihn zum Beispiel auch besonders interessant, wenn es um Themen wie Notfallversorgung ginge – zum Beispiel im Fall von Medikamentenlieferungen.

Zu Jahresbeginn flog eine Post-Drohne drei Monate im oberbayerischen Reit im Winkl immer wieder die acht Kilometer lange Strecke vom Tal bis zur Alm auf 1200 Meter Höhe und lieferte dabei insgesamt 130 Pakete ab. Mit der Drohne hofft die Post, die Belieferung in dünn besiedelten Gebieten auf Inseln oder Bergen verbessern zu können. Auch Amazon will im kommenden Jahr eine Feldversuch mit Lieferdrohnen in Großbritannien starten.

Ob soviel High-Tech wirklich der Königsweg ist, um die Belieferung in Zukunft kundenfreundlicher zu gestalten, ist allerdings umstritten. Der Logistik-Experte Herbert Kotzab von der Universität Bremen jedenfalls rechnet so schnell nicht mit Schwärmen von Paketdrohnen am deutschen Himmel. „Bei besonderen Einzelfällen – etwa bei wichtigen Ersatzteilen oder bei Organspenden – ist Transport mithilfe von Drohnen denkbar. Aber für die breite Masse kann ich mir das in den nächsten fünf Jahren nicht vorstellen“, sagt er. Es fehle schon an der notwendigen Infrastruktur und geeigneten Kontrollmechanismen.

Auch was die Zukunft der Lieferroboter angeht, ist er eher skeptisch: „Das sind sehr schöne Überlegungen, die aber den Alltagstest wohl nicht überstehen würden“, sagt er. Viele Kunden würden schlicht Probleme mit der Technik haben.

Tatsächlich steht nach einer repräsentativen Umfrage des Beratungsunternehmens PWC die Mehrzahl der Bundesbürger derartigen Innovationen eher skeptisch gegenüber. Nicht einmal jeder Dritte kann sich demnach eine Zustellung per Flugdrohne vorstellen. Drei Viertel der Befragten finden, diese Art der Luftpost berge ein hohes Unfall- und Schadensrisiko. Um das zu minimieren, muss die Post ihre Testflüge gut vorbereiten: Wie der Konzern mitteilt, vermeidet er das Überfliegen von Menschen und Wohngebieten. Dazu wird der Flugbetrieb ständig durch ein eigenes Team strengstens überwacht. Es müssen die Grundregeln und Pflichten der Luftverkehrsordnung eingehalten und Absprachen mit den Behörden getroffen werden. Für die Testflüge habe die deutsche Flugsicherung ein „Flugbeschränkungsgebiet“ eingerichtet, heißt es.

Aber was kostet es den Kunden künftig, wenn sein Paket aus der Luft kommt? Auf diese Frage möchte die Post derzeit noch keine Antwort geben und verweist darauf, dass es sich derzeit um ein „reines Forschungsprojekt“ handele. Letztendlich gehe es aber vor allem darum, „das Leben der Kunden durch immer flexiblere Services zu erleichtern“.

Wenn Roboter zum Einsatz kommen, stellt sich auch oft die Frage: Ersetzen sie Arbeitsplätze? Der Bonner Konzern erklärt in diesem Zusammenhang zwar, dass es derzeit keine konkreten Einsatzpläne der Drohnen gebe, aber das Robotik natürlich auch „bei der Entlastung der schweren körperlichen Arbeit von Zustellern zum Einsatz kommen kann“.

Den Kunden wäre es derzeit viel lieber, die Logistiker würden das Zustellproblem auf eine tatsächlich eher altmodische Weise lösen und sich ihre Pakete ganz einfach an den Arbeitsplatz schicken lassen – wenn der jeweilige Arbeitgeber dies nur erlauben würde. Wo das nicht der Fall ist, bauen die die meisten beim Thema Paketannahme weiter auf ein altbewährtes Rezept: Bei ihnen nimmt der Nachbar die Pakete an. (dpa)

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