Interview mit Fachanwältin Wann Flüchtlinge in Deutschland arbeiten dürfen

Bonn · Die Regelungen des deutschen Asylgesetzes sind oftmals kompliziert und werden seit Monaten diskutiert und bearbeitet. Verena Fausten, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Meyer-Köring aus Bonn, beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.

 Juristin Verena Fausten arbeitet seit sechs Jahren als Fachanwältin für Arbeitsrecht am Bonner Standort der Anwaltssozietät Meyer-Köring.

Juristin Verena Fausten arbeitet seit sechs Jahren als Fachanwältin für Arbeitsrecht am Bonner Standort der Anwaltssozietät Meyer-Köring.

Wann dürfen Flüchtlinge in Deutschland arbeiten?

Verena Fausten: Ausländer, die in Deutschland arbeiten wollen, brauchen einen Aufenthaltstitel, der sie zur Arbeitsaufnahme berechtigt oder eine Erlaubnis der Ausländerbehörde. In den ersten drei Monaten nach Antragsstellung und solange sie in einer Erstaufnahmeeinrichtung leben, gilt allerdings ein Arbeitsverbot für Asylbewerber. Entscheidend ist der Stand des Asylverfahrens. Bei positivem Abschluss erhält der Flüchtling eine Aufenthaltserlaubnis und darf sofort arbeiten. Bei Asylbewerbern und geduldeten Personen ist die Arbeitsaufnahme schwieriger.

Welche Sonderregelungen gelten für Asylbewerber und Geduldete?

Fausten:Die Ausländerbehörde muss hierbei die Zustimmung der Arbeitsagentur einholen. Denn diese muss der Beschäftigung zustimmen und dafür grundsätzlich eine Vorrang- und eine Arbeitsmarktprüfung vornehmen. Dabei wird geprüft, ob diese Stelle nicht auch mit einem deutschen oder einem EU-Bürger besetzt werden kann. Für bestimmte Fachkräfte aus Mangelberufen wie zum Beispiel Ingenieure oder Mediziner gibt es keine Vorrangprüfung. 15 Monate nach der Asylantragsstellung entfällt die Vorrangprüfung, es gibt nur noch die Arbeitsmarktprüfung. Nach vier Jahren wird nur noch die Erlaubnis der Ausländerbehörde verlangt.

Welche Rolle spielt dabei das Herkunftsland?

Fausten: Asylsuchende, die aus einem sicheren Herkunftsland kommen, haben keine Chance, auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Als sichere Herkunftsstaaten zählen zum Beispiel Albanien, Serbien, Ghana, Mazedonien und der Kosovo.

Welche Regeln gelten bei Praktika und Ausbildung?

Fausten: Hier gelten dieselben Vorschriften wie für Arbeitnehmer. Die Arbeitsagentur muss bei einer Berufsausbildung in einem staatlichen anerkannten oder vergleichbaren Ausbildungsberuf und bei bestimmten Praktika nicht eingeschaltet werden. Die Ausländerbehörde entscheidet in diesen Fällen ohne Beteiligung der Arbeitsagentur.

Was schreckt hiesige Arbeitgeber hauptsächlich ab, Flüchtlinge zu beschäftigen?

Fausten: Viele Unternehmer sind wegen der Sprachbarriere und der unklaren Bleibeperspektive verunsichert. Dazu kommen bürokratische Hürden und die Frage des Nachweises der Arbeitsberechtigung. Es gibt in Bonn aber viele Angebote, die Unternehmer unterstützen.

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