Auswirkungen von Cum-Ex-Skandal Viele Staatsanwälte warten auf Ausgang des Bonner Prozesses

Bonn · Während in Bonn der Prozess im Cum-Ex-Skandal läuft, sind bundesweite Auswirkungen zu spüren. Auch in anderen Städten gibt es Ermittlungen gegen namhafte Vertreter der deutschen Finanzwirtschaft.

 Kursverlauf: An der Frankfurter Börse können Millionen Wertpapiere gehandelt werden.

Kursverlauf: An der Frankfurter Börse können Millionen Wertpapiere gehandelt werden.

Foto: dpa

Noch liegt die Hauptarbeit für die juristische Aufarbeitung rund um die umstrittenen Cum-Ex-Geschäfte bei den Staatsanwälten. Im Visier haben sie das Who is who der deutschen Finanzwirtschaft.

Vergangene Woche durchsuchten Fahnder auf der Suche nach Beweisen für umstrittene Aktiendeals Räume der Commerzbank in Frankfurt am Main. Die Staatsanwaltschaft Köln bestätigte Ermittlungsmaßnahmen, ohne Details zu nennen. Im August war es die Deutsche-Börse-Tochter Clearstream, bei der es zu einer Razzia kam. Die Firma soll Kunden geholfen haben, die Kapitalertragsteuer mehrfach erstattet zu bekommen. Vergangenen November hatten Ermittler der Kölner Staatsanwaltschaft Räume des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock in München durchsucht. Es gibt kaum eine namhafte deutsche Bank, die nicht im Zusammenhang mit den Steuerdeals genannt wird.

Die Kölner Staatsanwaltschaft hat ihre Untersuchungen rund um Cum-Ex-Aktiendeals jetzt noch ausgeweitet: 400 Personen sind bereits als Beschuldigte erfasst, sagte NRW-Justizminister Peter Biesenbach am Dienstag. Zu 56 Verfahrenskomplexen wird in Köln ermittelt. Nun werde die Abteilung für die Aufklärung des Cum-Ex-Skandals von fünf Staatsanwälten auf zehn verdoppelt.

Nach Zahlen des Bundesfinanzministeriums gehen Ermittler inzwischen 499 Verdachtsfällen mit einem Volumen von 5,5 Milliarden Euro nach. Davon seien bisher 2,4 Milliarden Euro an Kapitalertragsteuer erfolgreich zurückgefordert oder gar nicht erst ausgezahlt worden. Der tatsächliche Steuerschaden liegt Schätzungen zufolge weitaus höher. Mehr als 30 Milliarden Euro sollen es gewesen sein.

Landauf, landab sind die Staatsanwaltschaften mit dem größten Steuerskandal der deutschen Geschichte befasst. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ermittelt in sechs Fällen. Verfahren in München und Stuttgart sind bekannt. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt geht gegen acht Beschuldigte im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften zu Lasten der Staatskasse vor. Gegen sechs Personen wurde bereits Anklage erhoben. Die Hauptverhandlung hat vor dem Landgericht Wiesbaden aber noch nicht begonnen.

Zu den Angeklagten dort zählt Hanno Berger. Er galt lange Zeit als der profilierteste deutsche Anwalt für Steuer- und Finanzprodukte. Vielen Fachleuten gilt er als einer der "Architekten" der Cum-Ex-Geschäfte. In einem Interview mit dem Magazin "Capital" wies Berger alle Anschuldigungen von sich. Cum-Ex sei "kein Steuerskandal, sondern ein politisches Versagen - und das ist der Skandal. Das Steuerrecht ist so angewendet worden, wie es vom Gesetzgeber beschlossen wurde." Er werde zum Prozess aus der Schweiz anreisen. Juristisch vertreten wird er von dem FDP-Politiker Wolfgang Kubicki und von Norbert Gatzweiler.

Bisher ist nicht richterlich geklärt, ob Cum-Ex-Geschäfte nur moralisch fragwürdig oder auch illegal waren. Der Bonner Prozess gilt als Blaupause. Wenn hier das Urteil gesprochen ist, werden in vielen anderen Verfahren die Anklagen versendet. Fachleute rechnen damit, dass dann auch prominente Namen auf den Anklagelisten auftauchen werden.

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