Wegfall des Meisterzwangs Viele Fliesenleger ohne Meister in der Region

BONN · Seit der Abschaffung des Meisterzwangs ist die Zahl der Betriebe im Fliesenlegerhandwerk rasant gestiegen. "In unserer Region hat sich die Zahl der Fliesenlegerbetriebe mehr als versechsfacht.

 Sieht die Konkurrenz durch Kleinbetriebe locker: Ralf Sädler führt einen Meisterbetrieb in Bonn in dritter Generation und hat sich auf hochwertige Arbeiten spezialisiert.

Sieht die Konkurrenz durch Kleinbetriebe locker: Ralf Sädler führt einen Meisterbetrieb in Bonn in dritter Generation und hat sich auf hochwertige Arbeiten spezialisiert.

Foto: Roland Kohls

Im Jahr 2003 waren 459 Betriebe für das Fliesen-, Platten- und Mosaikleger-Handwerk eingetragen, 2014 gab es 3162 Betriebe", berichtet Dirk Hecking von der Handwerkskammer zu Köln.

Seit die Bundesregierung den Meisterzwang im Jahr 2004 gekippt hat, darf jeder als Fliesenleger tätig werden, unabhängig von seiner Ausbildung. Seitdem drängen zahlreiche Ein-Mann-Firmen auf den Markt, die die Kunden mit niedrigen Preisen locken. Die Konkurrenz ist riesig und viele sind nach kurzer Zeit wieder vom Markt verschwunden. "Viele kleine Betriebe kommen nur schlecht zurecht, denn der Markt ist vollkommen überlaufen. Das hat auch viele etablierte Betriebe in Bedrängnis gebracht", erläutert Hecking.

Die Fliesenlegerbranche hat als einzige Branche die Wiedereinführung des Meisterzwangs gefordert, und zwar nicht nur, um die Handwerksbetriebe, sondern auch um die Kunden zu schützen. Denn der Boom bei den Fliesenlegern hat zu erheblichen Qualitätsproblemen geführt und bei vielen Kunden wird die Freude über den niedrigen Preis sehr schnell durch den Ärger über die schlechte Qualität abgelöst.

Reklamationen bei neuen oder renovierten Bädern landen regelmäßig auf dem Tisch von Ralf Sädler, Inhaber des Bonner Fliesenfachbetriebs Johann Sädler, den er in der dritten Generation führt. "Wir haben im Jahr rund 30 Badprojekte, bei denen wir teilweise gravierende Mängel beheben müssen. Denn die vielen Ein-Mann-Betriebe können zwar in der Regel einfache Fliesenlegerarbeiten ausführen, sind aber meist schon überfordert, wenn sie eine fachmännische Abdichtung im Wand/Bodenbereich durchführen müssen. Werden diese Arbeiten nicht fachgerecht durchgeführt, hat der Kunde anschließend Feuchtigkeit in den Wänden", so der Unternehmer.

Und wenn der Ein-Mann-Betrieb dann schon wieder vom Markt verschwunden ist, bleibt der Kunde auf dem Schaden sitzen. Für den Bonner Fachbetrieb, der mit 25 Mitarbeitern, darunter vier Meistern, vor allem hochwertige Fliesen- und Natursteinarbeiten anbietet und unter anderem im Kameha Hotel und im Telekom Dome tätig war, ist die preiswerte Konkurrenz kein Problem. "Natürlich können wir mit den Stundenlöhnen eines Betriebs ohne Meister nicht mithalten, aber auf das hochwertige Segment hat sich der Preiskampf kaum ausgewirkt. Hier zählt vor allem die handwerkliche Qualität", sagt Sädler.

Damit will auch der Bornheimer Christian Weyers überzeugen, der sich 2010 selbstständig gemacht hat - ohne Meister. Er kam erst über einen Umweg zum Fliesenlegerhandwerk, denn zuvor arbeitete Weyers jahrelang als Kfz-Mechaniker. In seiner Freizeit führte er immer wieder mal kleinere Fliesenlegerarbeiten aus und freute sich über die positive Resonanz. "Ich habe mir das meiste selbst beigebracht, viel gelesen und praktische Erfahrung bei der Zusammenarbeit mit ausgebildeten Handwerkern gesammelt", erklärt Weyers.

Vor fünf Jahren fasste er den Entschluss, aus dem Hobby einen Beruf zu machen und gründete Fliesen Weyers. Unterstützt von seinem Bruder Daniel vom Hagen wirbt der Unternehmer mit dem Motto: "Hier arbeitet der Chef noch selbst." Er hat sich inzwischen am Markt etabliert. Dreiviertel seiner Aufträge bekommt er über Ausschreibungen, bei Architekten hat er sich inzwischen einen Namen gemacht.

Auch Christian Weyers kennt die Probleme mit der billigen Konkurrenz. "Ich erlebe es immer wieder, dass ein Auftrag an einen preiswerteren Anbieter vergeben wird, doch oft stellt sich dann heraus, dass dieser nicht gut arbeitet und schließlich komme ich dann doch noch zum Zug", erklärt Weyers, der stolz ist, dass es in den fünf Jahren seiner Selbstständigkeit noch keine Reklamation und keine unbezahlte Rechnung gab.

Der fehlende Meisterbrief hat ihn bisher noch um keinen Auftrag gebracht. "Manche Kunden fragen nach dem Meistertitel, doch wenn ich dann sage, dass ich kein Meister bin, ist es auch in Ordnung", sagt Weyers.

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