Erneuerbare Energien Verwirrspiel mit den Ökostrom-Tarifen

Bonn · Wer nachhaltig produzierte Elektrizität kaufen will, muss auf das Siegel achten. Denn Ökostrom ist nicht gleich Ökostrom. Warum die Qualität von Naturstromtarifen unterschiedlich ist.

 Ein Strommast in einem Rapsfeld: Aus welchen Quellen der Strom stammt, ist eine spannende Frage.

Ein Strommast in einem Rapsfeld: Aus welchen Quellen der Strom stammt, ist eine spannende Frage.

Foto: picture alliance / dpa

Die Deutsche Bahn wirbt damit, dass Kunden im Fernverkehr mit der Bahncard zu hundert Prozent mit Ökostrom fahren. Wer einen Naturstrom-Tarif bei den Bonner Stadtwerken bezieht, ist überzeugt, nur nachhaltig erzeugte Elektrizität zu nutzen. Aber wie sicher kann der Verbraucher sein, dass, wo Ökostrom draufsteht, auch Ökostrom drin ist? Im Folgenden Fragen und Antworten zu dem Thema.

Was ist eigentlich Ökostrom?

Es gibt keine verbindliche Definition. In der Regel handelt es sich um Elektrizität, die aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt wurde wie Sonnenenergie, Windkraft, Erdwärme, Biomasse und Wasserkraft.

Wie erfährt der Verbraucher, wo sein Hausstrom oder der Strom, mit dem die Bahn fährt, herkommen?

Der aus der Steckdose fließende Strom ist immer gleich, egal ob aus Kohle, Atom- oder Windkraft gewonnen. Deshalb gibt es Organisationen, die die Stromprodukte zertifizieren. Dazu gehören der Tüv Süd, der Verein Energie Vision, GrünerStromLabel (GSL) und der Verein für umweltgerechte Energie (VUE).

Was zertifizieren die Prüfsiegel?

Die Prüfsiegel sollen dem Bezieher von Tarifen mit hundert Prozent Ökostrom sagen, wie nachhaltig dieses Stromprodukt ist. Es ist für die Energiewende ein großer Unterschied, ob Strom aus alten Wasserkraftwerken stammt, deren Pumpwerke mit Atomstrom arbeiten, oder ob er in hochmodernen Photovoltaikanlagen produziert wird, die nicht älter als drei Jahre sind.

So machen einige Prüfsiegel zur Auflage, dass ein Teil der Einnahmen aus Ökostromtarifen in neue Anlagen investiert wird. Es gibt auch Prüfsiegel, die den Stromversorgern erlauben, für ihr Ökostromprodukt Zertifikate im Ausland von Ökostromproduzenten zu erwerben. Physisch fließt aber kein Strom nach Deutschland. So kann deutscher Atomstrom zu Ökostrom umetikettiert werden. Im Gegenzug ist der Strom des Verkäufers im Ausland aber kein Ökostrom mehr.

Was ist die Stromkennzeichnung?

Die Energieversorger müssen laut Gesetz auf den Rechnungen die Zusammensetzung des gelieferten Stroms ausweisen. Da der Großteil der Stromkunden – unabhängig von ihrem persönlichen Tarif – die EEG-Umlage für geförderten Ökostrom zahlt, muss auch das in den Rechnungen anteilig dargestellt werden. Das führt zu der merkwürdigen Situation, dass Energieversorger, die hauptsächlich Atom- und Kohlestrom anbieten, trotzdem einen Anteil von 30 Prozent und mehr Ökostrom ausweisen, selbst wenn sie keinen einkaufen oder produzieren. Das ärgert ein Unternehmen wie Lichtblick, das fast 100 Prozent Ökostrom einkauft.

Was ist der Unterschied zwischen EEG-Strom und sonstigem Ökostrom?

EEG-Strom stammt aus Sonnen- und Windenergie, der nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eine feste Vergütung erhält. Das wird durch die EEG-Umlage garantiert, die jeder Stromkunde zahlt. Ausgenommen von der Umlage sind stromfressende Industriebetriebe. Für die reinen Ökostromtarife kaufen die Anbieter zudem ungeförderten Ökostrom ein, der in den Rechnungen als Extraposten auftaucht.

Beeinflusse ich die Energiewende, wenn ich mit der Bahn 100 Prozent mit Ökostrom fahre?

Eher nicht, meint das Deutsche Institut für Energietransparenz (DIFET). Der Tüv Süd bescheinigt der Bahn zwar, dass es sich um Strom aus Wasserkraft handelt. Solange die Bahn ihren sonstigen Strommix aber nicht nachhaltiger macht, fühle sich zwar der Bahnfahrer gut, verschlechtere aber den Strommix im allgemeinen Netz, sagt Axel Süßbrich vom DIFET.

Wie nachhaltig ist der Naturstrom-Tarif der Bonner Stadtwerke?

Bezieher des Naturstrom-Tarifs sind auf der sicheren Seite. Das GrünerStromLabel bescheinigt dem Tarif Nachhaltigkeit. Mindestens ein Cent pro Kilowattstunde fließt von den Einnahmen in den Bau und Betrieb von Ökostromanlagen. Den Strom liefert das Unternehmen Mann im Westerwald.

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