Kommentar Verdis bittere Niederlage

Diesen Tarifabschluss hätte Verdi auch ohne vierwöchigen Streik haben können. Ihre zentrale Forderung, die Auflösung der 49 Billigtöchter für die Paketzustellung bei der Post, konnte die Gewerkschaft nicht durchsetzen.

Ohne die Rückführung dieser Gesellschaften in den Haustarifvertrag der Post werde es keinen Abschluss geben, hatten Verdi-Chef Frank Bsirske und seine Verhandlungsführerin Andrea Kocsis vor zwei Wochen auf der Streikdemo in Bonn noch vollmundig versprochen. Pustekuchen.

Der Bonner Konzern steckte den Ausstand von zeitweise mehr als 20 000 Beschäftigten relativ problemlos weg, und nachdem sich auch Gerichte auf die Seite von Postchef Frank Appel und seiner Mannschaft gestellt hatten, schwanden die Erfolgsaussichten für die Gewerkschaft rapide.

Die Post wird von dem Abschluss betriebswirtschaftlich klar profitieren. Sie kann nun den deutschen Paketmarkt weiter aufrollen, und die Chancen der Wettbewerber, sich ein größeres Stück vom Kuchen abzuschneiden, schwinden.

Das gesellschaftspolitische Signal, das von dem Tarifabschluss ausgeht, ist gleichwohl fatal. Beim Bonner Dax-Konzern dürfte Beschäftigungsaufbau künftig vornehmlich in den Billigtöchtern stattfinden, der Haustarif ist seit gestern Auslaufmodell. Andere Großunternehmen werden sich dieses Ergebnis mit Interesse anschauen.

Bsirske und Kocsis haben zu hoch gepokert und verloren. Damit haben sie aber auch ihrer eigenen Gewerkschaft geschadet. Denn jetzt herrscht der Eindruck, Verdi fehle es trotz zwei Millionen Mitgliedern an Durchschlagskraft, selbst in einem gewerkschaftlich so straff organisierten Betrieb wie der Deutschen Post. Für die Arbeitnehmerseite wird es in künftigen Tarifauseinandersetzungen bestimmt nicht leichter.

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