Fitness-Tracker und Gesundheits-Apps Trainingshelfer mit Datenhunger

Berlin · Fitness-Tracker und Gesundheits-Apps versprechen effektives Training. Doch wo landen die gesammelten Informationen? Datenschützer warnen vor einem leichtsinnigen Umgang mit den Gadgets.

 Fitness-Armbänder sammeln Daten über die Gesundheit ihrer Träger.

Fitness-Armbänder sammeln Daten über die Gesundheit ihrer Träger.

Foto: picture alliance / dpa

Den Ernährungsplan mit dem Gemüse der Saison bekommt der Diabetiker direkt aufs Smartphone gesendet. Das Band am Handgelenk misst die Pulsfrequenz beim Dauerlauf. Zu schnell? Tagespensum noch nicht erreicht? Viele chronisch Kranke oder Menschen, die sich einfach nur fit halten wollen, setzen auf Apps und Fitness-Tracker. Sie sollen ihnen helfen Therapien durchzuhalten, abzunehmen, sich zu entspannen oder mehr Gymnastik zu machen.

Die digitalen Gesundheitshelfer haben einen enormen Datenhunger. Die App sammelt Informationen zum Essverhalten, ob Therapiepläne eingehalten werden oder nicht. Der Tracker misst Schritte oder das Schlafverhalten. Wo die Informationen landen, weiß der Nutzer in vielen Fällen nicht. Dass eine Datenschutzerklärung vor Nutzung angeklickt wird, ist nicht der Regelfall.

„Der Markt für Gesundheitsdaten ist riesig“, sagt Susanne Mauersberg vom Bundesverband Verbraucherzentrale. Manche Anbieter fragen nach einer Fülle an Daten. Auch nach solchen Informationen, die für den Gebrauch der Anwendung nicht notwendig sind. Viele Nutzer geben leichtsinnig ihre Daten preis, ohne zu wissen, ob sie an Dritte verkauft werden. „Das Bewusstsein für die sensiblen Angaben ist noch nicht ausgeprägt“, sagt Mauersberg. Hinzu kommt, dass sie vor Datendieben nicht ausreichend geschützt sind.

Nicht nur Mauersberg hält den Datenschutz bei den Gesundheits-Apps oder den Fitness-Trackern für gruselig. Auch die Bundesbeauftragte für Datenschutz, Andrea Voßhoff (CDU), beäugt die Entwicklungen am digitalen Gesundheitsmarkt kritisch. „Allen Anwendern, die Fitness-Apps freiwillig herunterladen, rate ich, nicht unbedacht mit ihren sensiblen Gesundheitsdaten umzugehen“, warnt Voßhoff. Finanzielle Vorteile, die die Datenoffenbarung mit sich brächten, müssten gegen die langfristigen Gefahren abgewogen werden.

Ihre Warnung richtet sich vor allem an Privatversicherte. Viele Krankenversicherungen bieten ihren Kunden Apps an, mit denen sie ihre sportliche Aktivität nachweisen können. Im Gegenzug bekommen sie Vergünstigungen. Für die gesetzlichen Krankenkassen hat der Gesetzgeber enge Schranke für das Sammeln solcher Gesundheitsdaten vorgesehen. Man sollte erwägen, diesen Schutz auch den Versicherten privater Kassen zu gewähren, sagt Voßhoff. Tinnitus, ADHS, Stoffwechselkrankheiten – es gibt kein Krankheitsbild, das sich nicht eignet, mit einer digitalen Anwendung therapiert zu werden. „Beratungen, für die der Arzt wenig Zeit hat, digitalisieren wir“, sagt Inga Bergen, Geschäftsführerin von welldoo. Das Berliner Unternehmen entwickelt im Auftrag von Krankenkassen, Pharmaunternehmen oder Krankenhausketten Apps und Tracker. „Wir loben die Menschen, geben ihnen Rückmeldung über ihre Fortschritte und die Möglichkeit, ihr Verhalten besser zu verstehen.“

Bei Erfolg gibt es einen „push“ – eine Nachricht aufs Handy. Ältere Kunden bevorzugen eine E-Mail, in der steht, wie sie ihre Ziele besser einhalten können. Angaben über den Umsatz will Bergen, deren Unternehmen zum Bertelsmann Konzern gehört, nicht machen. Rund 60 Mitarbeiter beschäftigt welldoo. Vor allem seit Smartphones so stark genutzt werden, hätte sich die Nachfrage nach den digitalen Anwendungen enorm erhöht, sagt sie.

Die Apps und Tracker haben einen entscheidenden Vorteil: Sie sind günstiger als jede Ernährungsberatung, jeder Trainingsplan des Fitnesstrainers oder jede Info, die beim Arzt eingeholt wird. Die Kassen sparen Geld, die Patienten Zeit. Die Angst vor dem Missbrauch der Informationen, die über gesammelt werden, halten viele Anbieter für übertrieben. Die vielen Möglichkeiten, die die Anwendungen heute schon bieten, würden ausgebremst. „Wir haben ein sehr strenges Datenschutzgesetz in Deutschland“, sagt Bergen. „Daten fließen nie einfach so an Ärzte und werden auch nicht personenbezogen an die Krankenkassen übergeben.“ Die eigenen Werte per E-Mail an den Arzt zu schicken, ist unmöglich – aus Datenschutzgründen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort