Technik aus Windhagen für den Kreml

Das Familienunternehmen Geutebrück gehört zu den Weltmarktführern bei Video-Überwachungssystemen.

 Geutebrück-Mitarbeiter Thanh Han Nguyen montiert in Windhagen die Anschlüsse einer Video-Überwachungsanlage.

Geutebrück-Mitarbeiter Thanh Han Nguyen montiert in Windhagen die Anschlüsse einer Video-Überwachungsanlage.

Windhagen. Nein, Einbrecher hätten sich noch nicht an den Firmensitz im Windhagener Gewerbegebiet gewagt, sagt Geschäftsführerin Katharina Geutebrück. Kein Wunder. Das Gebäude ist von Kameras umstellt. Hoch über dem Rasen hinter dem Haus wacht "Argus": Infrarotscheinwerfer unterstützen nachts das sogenannte Schwenk-Neige-System mit Videoaufzeichnung, das jede Bewegung verfolgt.

Mit solcher Überwachungstechnik hat sich die vor 41 Jahren in Bad Honnef gegründete Firma Geutebrück bis an die Weltspitze hochgearbeitet. "Bei den hochwertigen Systemen liegen wir unter den ersten fünf Anbietern", sagt die Geschäftsführerin.

In der Kundenkartei finden sich illustre Adressen wie der Moskauer Kreml, die Europäische Zentralbank in Frankfurt oder der Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana. Technik aus Windhagen am Rande des Westerwalds überwacht außerdem den kompletten Schienenverkehr des australischen Bundesstaates Queensland.

"Fast 95 Prozent unsere Anlagen sind Maßanfertigungen für einen bestimmten Kunden", sagt Katharina Geutebrück, deren Eltern Thomas und Gundel das Unternehmen gegründet haben. Zwei Drittel der Systeme verkauft Geutebrück nach eigenen Angaben ins Ausland, gebaut wird in Deutschland. Statt versteckter Kameras wie in Spionagefilmen finden sich in den Windhagener Montageräumen allerdings vorwiegend unspektakuläre Computer-Gehäuse und Platinen. Programmierer im Haus liefern die passende Software.

"In unserem Geschäft geht es vor allem um die Auswertung und Aufarbeitung der erhobenen Daten", sagt die Wirtschaftsingenieurin. Die Auftraggeber wollen schnell den Teil der Aufnahmen finden, der etwa den Einbrecher auf frischer Tat ertappt.

Vor allem Banken fragen die Überwachungstechnik aus Windhagen nach. Sie sorgten nach der Firmengründung in den 70er Jahren für schnelles Wachstum. "Damals in der RAF-Zeit stieg die Zahl der Banküberfälle deutlich an und damit auch die Nachfrage nach unseren Systemen", sagt Geutebrück. Gleichzeitig sorgte die Nachbarschaft zur damaligen Bundeshauptstadt Bonn für Aufträge zur Überwachung von Regierungsgebäuden und Behörden. "Damals stieg der Umsatz so rapide, dass wir wegen der hohen Steuervorauszahlung fast pleite gegangen wären", erinnert sich die Familienunternehmerin.

Heute setzt Geutebrück nach eigenen Angaben im Inland rund 31 Millionen Euro um, zusammen mit den internationalen Firmentöchtern sind es 50 Millionen Euro. Rund 280 Beschäftigte arbeiten weltweit für das Unternehmen, davon 160 am Stammsitz Windhagen. Hier sucht das Unternehmen derzeit neue Mitarbeiter. Auch der Umsatz soll wachsen.

Im kommenden Jahr wollen die Windhagener in Deutschland rund 35 Millionen Euro erwirtschaften. "Wir erwarten allerdings durch die Euro-Krise einen Rückgang von Regierungsaufträgen aus Ländern wie Spanien", sagt Geutebrück. Das Unternehmen will sich vor einer möglichen Auftragskrise mit der Spezialisierung auf Branchenlösungen, etwa für die Logistik wappnen.

Andere Orders muss Geutebrück aus politischen Gründen ablehnen. "Eine Anfrage von iranischen Banken etwa ist mit deutschen Exportrichtlinien nicht vereinbar", sagt Geutebrück. Militärtechnik sei ohnehin eine Ausnahme im Portfolio des Unternehmens. So überwachen Video-Anlagen der Windhagener die Lager der Bundeswehr im afghanischen Kundus.

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