Kraftwerken droht Stilllegung SWB und Rheinenergie halten an Projekten fest

KÖLN/BONN · Die Strombranche will bundesweit Gas- und Kohlekraftwerke stilllegen, weil sie wegen der Energiewende rote Zahlen schreiben. Dagegen halten die Stromerzeuger in der Region an ihren Kraftwerksprojekten fest.

Bis zu 20 Prozent der bundesweit installierten Kraftwerksleistung könnten zur Disposition stehen, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten Vorstand eines Versorgers. Dutzende Kraftwerke stünden vor dem vorübergehenden oder dauerhaften Aus. Kritiker warfen den Konzernen vor, sie wollten nur politischen Druck erzeugen, um neue Subventionen durchzusetzen.

"Die Versorgungssicherheit ist nicht gefährdet", betonte eine Sprecherin der Bundesnetzagentur. Es lägen etwa 15 Stilllegungsanzeigen vor. Kraftwerksstilllegungen haben viele Betreiber seit Ende vergangenen Jahres angekündigt. Eon will bis 2015 europaweit elf Gigawatt vom Markt nehmen und zieht sich aus dem Steinkohlekraftwerk Kiel zurück, RWE prüft aufwendig jeden einzelnen Block und plant nach den Worten eines Sprechers ebenfalls eine deutliche Verringerung der Kapazität. Die EnBW in Karlsruhe kündigte Anfang Juli die Stilllegung von vier Kraftwerksblöcken mit einer Gesamtleistung von 668 Megawatt an.

Die Ursachen sind bei allen Entscheidungen dieselben: Durch das große Angebot an erneuerbaren Energien hat sich der Börsenpreis für Strom so stark verringert, dass sich vor allem Gas-, aber auch Kohlekraftwerke nicht mehr rentieren. Der Stadtwerkeverbund Trianel rechnet zum Beispiel für sein neues 750-MW-Steinkohlekraftwerk im westfälischen Lünen im ersten kompletten Betriebsjahr 2014 mit rund 100 Millionen Euro Verlust. Daran sind auch die Stadtwerke Bonn (SWB) beteiligt.

"Unsere Trianelbeteiligungen in Hamm und Lünen sind derzeit aufgrund der Marktsituation nicht wirtschaftlich", räumte gestern SWB-Geschäftsführer Peter Weckenbrock ein. Er unterstütze deshalb die Forderungen der Branchenverbände nach einem neuen Energiemarkt-Design. "Es darf nicht sein, dass die dringend in der Energiewende benötigten Kapazitäten vorgehalten werden müssen, aber nur mit geringen Betriebsstunden fahren können und die Investoren bestraft werden."

Am Freitag nehmen die SWB offiziell ihr neues Heizkraftwerk Nord in Betrieb. Dafür hat das Unternehmen rund 80 Millionen Euro investiert. Dieses ist nach SWB-Angaben von der Marktentwicklung nicht so stark betroffen: "Das Kraftwerk fährt in Kraft-Wärme-Kopplung und ist hocheffizient hinsichtlich der Energieeffizienz", sagte Weckenbrock. Die Anlage sei zudem flexibel einsetzbar. "Die im Jahr 2008 vor Fukushima gefasste Investitionsentscheidung ist deshalb auch aus heutiger Sicht richtig und wirtschaftlich."

Im Heizkraftwerk Nord werden künftig rund 50 Prozent des Bonner Strombedarfs gedeckt. Insgesamt liege die Quote der Strom-Eigenerzeugung damit bei rund 70 Prozent. Es bleibt laut Weckenbrock jedoch bei der Strategie, nicht mehr als 100 Prozent des eigenen Bedarfs zu erzeugen.

Die Kölner Rheinenergie baut wie berichtet für 350 Millionen Euro ein neues Gas- und Dampfkraftwerk in Köln-Niehl, das 2016 ans Netz gehen soll. Wie das Bonner Heizkraftwerk erzeugt es ebenfalls Fernwärme. "Die Einsatzzeiten haben sich auch in unseren Kraftwerken verringert, wir halten aber an unseren Investitionen fest", sagte gestern ein Unternehmenssprecher.

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