Standort-Vergleich Studie: Bonn entwickelt sich weniger dynamisch

BONN · Bonn hatte in den letzten fünf Jahren ein Problem mit der Dynamik der Entwicklung der Stadt. Gegenüber dem Vorjahr ist Bonn um 27 Plätze auf Rang 48 abgestürzt. Das ist das wesentliche Ergebnis einer Studie.

Die Uni zählt zu den Bonner Standortvorteilen.

Die Uni zählt zu den Bonner Standortvorteilen.

Foto: barbara frommann

Im Auftrag von WirtschaftsWoche und ImmobilienScout24 hat das Institut der deutschen Wirtschaft Consult GmbH alle 69 kreisfreien Städte Deutschlands mit mehr als 100 000 Einwohnern untersucht. Auch Köln erging es bei der Untersuchung der Dynamik nicht besser: Die Stadt verlor um zehn Plätze auf Rang 50.

Die Untersuchung soll zeigen, wo es sich in den größten deutschen Städten am besten leben, arbeiten und wohnen lässt. Untersucht wurden die Dynamik, das wirtschaftliche Niveau und die Zukunftsfähigkeit der deutschen Städte.

Über 100 Indikatoren aus den Bereichen Wirtschaftsstruktur, Arbeitsmarkt, Immobilienmarkt und Lebensqualität gingen in die dreiteilige Bewertung ein. Die Studie sei der umfangreichste Leistungscheck für Kommunen in Deutschland, sagen die Autoren. Sie zeige, welche Städte zukunftssicher aufgestellt sind, wo Unternehmen gut qualifizierte Arbeitnehmer finden, wie sich Immobilienpreise und Mieten entwickeln und wo die Lebensqualität am höchsten ist.

Der Niveauindex vergleicht die absolute Wirtschaftskraft der Städte. Das Ranking vergleicht Ist-Werte ausgewählter Kennziffern, also zum Beispiel die aktuelle Zahl der Baugenehmigungen. Beim wirtschaftlichen Niveauranking schneidet Bonn relativ gut ab: Von den 69 Städten liegt Bonn auf Platz 22, im Vorjahr war es Rang 21.

Das Dynamikranking hingegen betrachtet die Veränderungsraten in fünf zurückliegenden Jahren. Da das Basisjahr diesmal 2009 ist, zeigt die Studie auch, welche Städte sich am stärksten von der Rezession nach der Finanzkrise 2009 erholt haben. Zusätzlich hat die Studie erstmals den Zukunftsindex 2030 ermittelt.

Dieser soll Auskunft geben, welche Stadt derzeit das beste Potenzial für den Aufbruch in die digitale und vernetzte Wirtschaft der Zukunft hat. Die Stadt Bonn belegte im Zukunftsindex 2030 mit 53,3 Punkten Rang 19 der 69 untersuchten Großstädte. Das Zukunftspotenzial wurde auf Grundlage von zwölf Indikatoren ermittelt, die sich über die Bereiche Forschungsstärke, Industrien der Zukunft und kreative Dienstleistungen verteilen.

Bonns Oberbürgermeister Ashok Sridharan sieht die Ergebnisse gelassen: "Bei Rankings sind die Gewichtung der Kriterien je nach Auftraggeber unterschiedlich." Bonn liege bei allen Wirtschafts- und Immobilienrankings im Gesamtbild derzeit im oberen Drittel.

Beim vorliegenden Ranking scheinen nach Auffassung Sridharans im Bereich Dynamik die Entscheidungen von Haribo und Zurich in der Einschätzung der Analysten sehr negativ zu Buche zu schlagen. Dabei blieben die Arbeitsplätze in Zukunft in der Region erhalten. Bei Haribo würden sogar 800 Arbeitsplätze in der Produktion in Kessenich verbleiben.

Die Ingenieursquote werde im Ranking hoch bewertet; hier hat Bonn als Dienstleistungsstadt naturgemäß geringe Werte. Dafür liege Bonn bei einzelnen Indikatoren wiederum sehr hoch, beispielsweise Akademikerquote und wissensintensive Dienstleistungen. "Alles in allem steht Bonn gut da, und gleichzeitig gilt: wir dürfen in unseren Anstrengungen, Bonn als attraktiven Wirtschaftsstandort auszubauen, nicht nachlassen", so Sridharan.

Mit dem Sieger München befinden sich sieben Städte aus dem Süden Deutschlands unter den zehn bestplatzierten Städten im Niveauranking.

Dazu gehören Ingolstadt, Erlangen, Stuttgart, Regensburg, Ulm und Karlsruhe. München punktet seiner Lebensqualität, der Entwicklung des Immobilienmarkts, einer ausgewogenen und zukunftstauglichen Wirtschaftsstruktur sowie mit einem hohen Anteil von Akademikern und Kreativen an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

Im Dynamikranking verweist Ingolstadt die Konkurrenten Wolfsburg, Heilbronn, Ludwigshafen und Würzburg auf die Plätze - ganz hinten liegen die Ruhrgebietsstädte Gelsenkirchen, Mülheim und Oberhausen. Ingolstadt belegt Platz eins bei der Entwicklung der Wirtschaftsstruktur und befindet sich auch mit Blick auf den Immobilienmarkt, die Beschäftigung und die Lebensqualität in der Spitzengruppe.

"Das Städteranking belegt die überragende Bedeutung der Automobilwirtschaft für den deutschen Wirtschaftsaufschwung. Ob Ingolstadt, Wolfsburg oder München - wo die Autokonzerne stark sind, prosperiert auch die Stadt. Aber darin liegt zugleich ein Risiko:Wer sich zu monostrukturell aufstellt, der erlebt auch die Krisen der Branche hautnah mit", sagte Miriam Meckel, Chefredakteurin der Wirtschaftswoche.

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