Gewerkschaftsaktion in Bonn Streik bei Karstadt läuft ins Leere

ESSEN/BONN · Keine Trillerpfeifen, keine Schilder, kein Streik: In der Bonner Karstadt-Filiale blieb der von der Gewerkschaft Verdi angekündigte Warnstreik am Freitag wirkungslos. Die Kunden konnten wie gewohnt einkaufen, kein Mitarbeiter hatte sich der Aktion angeschlossen.

Gilt als profitabel: das Karstadt-Haus in Bonn.

Gilt als profitabel: das Karstadt-Haus in Bonn.

Foto: Nicolas Ottersbach

Einige Angestellte wussten nicht einmal davon, dass Verdi dazu aufgerufen hatte, die Arbeit niederzulegen. Bundesweit wollte die Gewerkschaft im Tarifstreit mit Karstadt den Druck auf die Warenhauskette erhöhen. Mitarbeiter in Karstadt-Filialen in ganz Deutschland waren zu Arbeitsniederlegungen und Protestkundgebungen aufgerufen, ausdrücklich auch in Bonn.

Doch hielten sich die Auswirkungen der Proteste nach Angaben des Unternehmens in Grenzen. Karstadt-Arbeitsdirektor Kai-Uwe Weitz sagte: "Bis auf wenige Ausnahmen gibt es in den Karstadt-Filialen nur geringe Beeinträchtigungen. Keine Filiale ist geschlossen."

Die Gewerkschaft hatte zuvor gewarnt, Kunden müssten sich am Freitag und zum Teil auch heute auf "erhebliche Beeinträchtigungen bis hin zur Schließung von Häusern" einstellen, so auch in Bonn. Wie der General-Anzeiger erfuhr, hatte Verdi bei der Bonner Belegschaft aber gar nicht offiziell zum Streik aufgerufen. Ohne einen solchen Aufruf ist es nicht möglich, die Arbeit ruhen zu lassen. "Irgend etwas ist da gewaltig schiefgegangen, es wurde nichts geplant", hieß es. Man habe auf die Initiative der Gewerkschaft gewartet. Auch heute werde man nicht aufbegehren.

[kein Linktext vorhanden]Der Hintergrund der Warnstreiks: Verdi will Karstadt zur Rückkehr in die Tarifbindung zwingen, nachdem das Unternehmen im Mai einseitig eine "Tarifpause" verkündet hatte. Außerdem fordert die Gewerkschaft einen Standort- und Beschäftigungssicherungsvertrag für die rund 20.000 Beschäftigten. Erste Gespräche zwischen den Tarifparteien waren ergebnislos geblieben. Doch sollen die Verhandlungen am 11. November mit einem mehrtägigen Gesprächsmarathon fortgesetzt werden.

"Das Vertrauen in das Management sinkt immer weiter, weil man keine positive Entwicklung sieht", beschrieb der Verdi-Verhandlungsführer Rüdiger Wolff die Stimmung im Unternehmen. Auch das Vertrauen in die Eigentümer sei gesunken, weil Versprechungen gemacht, aber bis heute nicht eingehalten worden seien. Für zusätzliche Unruhe sorgte zuletzt, dass der Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggruen drei Luxus-Warenhäuser und 28 Sporthäuser mehrheitlich an den österreichischen Immobilieninvestor René Benko verkaufte.

In Berlin nahmen nach Gewerkschaftsangaben mehr als 400 Beschäftigte des Luxus-Warenhauses KaDeWe und anderer Karstadt-Filialen an den Streiks teil und zogen mit Trillerpfeifen und Plakaten über den Kudamm. In Hamburg demonstrierten einige hundert Karstadt-Beschäftigte lautstark auf dem Rathausmarkt, in Dortmund zogen 250 Streikende durch die Innenstadt. Keinen Warnstreik, aber Betriebsversammlungen gab es im Südwesten Deutschlands.

Karstadt

Die Warenhauskette Karstadt soll 2012 nach Schätzungen knapp 1,8 Milliarden Euro mit Mode und Textilien umgesetzt haben, sechs Prozent weniger als im Vorjahr. Das Unternehmen selbst veröffentlicht keine Zahlen. Insgesamt betreibt Karstadt in Deutschland 114 Warenhäuser, davon 28 Sporthäuser und beschäftigt rund 20.000 Mitarbeiter.

2010 wurde das 1881 gegründete Unternehmen nach der Insolvenz des Mutterkonzerns Arcandor vom deutsch-amerikanischen Finanzinvestor Nicolas Berggruen übernommen. Er verkaufte erst kürzlich die Mehrheit an den Sport- und Premiumhäusern an den österreichischen Immobilieninvestor René Benko. Auch unter den neuen Besitzern kämpft Karstadt mit Problemen.

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