Immobilienspezialist Tobias Kotzorek im Interview "Steigende Mieten und ungebremste Nachfrage"

Bonn · Zahlreiche Filialketten suchen Standorte in Bonn. Warum die Innenstadt für Einzelhändler besonders attraktiv ist, sagt Tobias Kotzorek im Gespräch mit Delphine Sachsenröder.

Tobias Kotzorek ist als "Team Leader Retail Leasing Köln" für die Einzelhandelsvermietung des internationalen Beratungsunternehmens Jones Lang LaSalle (JLL) im Marktgebiet Köln zuständig.

Tobias Kotzorek ist als "Team Leader Retail Leasing Köln" für die Einzelhandelsvermietung des internationalen Beratungsunternehmens Jones Lang LaSalle (JLL) im Marktgebiet Köln zuständig.

Foto: JLL

Sie beobachten als Unternehmensberater den Markt für Einzelhandelsimmobilien in Bonn. Wie schätzen Sie die Attraktivität der City ein?
Tobias Kotzorek: Bonn ist ein sehr attraktiver Standort für Einzelhändler. Die Kaufkraft ist hoch, nicht zuletzt wegen großer Arbeitgeber wie Post und Telekom. Viele internationale Einzelhandelsketten zieht es nach Bonn. Es ist der ideale Standort, um zum Beispiel einen Einstieg in den deutschen Markt zu testen.

Wichtig ist die hohe Aufenthaltsqualität in Bonn. Der Mix zwischen Gastronomie und Einzelhandel stimmt. In unseren Studien über die meistbesuchten Einkaufsstraßen Deutschlands belegt die Remigiusstraße mit zuletzt rund 5200 Passanten pro Stunde zum Beispiel regelmäßig vordere Plätze.

Was erwarten Sie für die Zukunft der Bonner Innenstadt?
Kotzorek: Wir rechnen kurz- und mittelfristig mit einem weiteren Anstieg der Mieten und einer ungebremsten Nachfrage nach Flächen. Vor allem nach Großflächen, an denen es mangelt.

Warum gibt es dann überhaupt Leerstände in der City?
Kotzorek: Bei Neuvermietungen führen gerade die größeren Einzelhandelsketten oft aufwendige Umbaumaßnahmen durch, um die Immobilie ihrem Konzept anzupassen. Dazu kommt, dass in der Bonner Innenstadt viele Altbauten stehen, die besonders stark baulich an die Bedürfnisse des Einzelhandels angepasst werden müssen. Da gibt es oft Probleme wegen fehlender Schaufensterfläche oder zu niedriger Räume.

Das schreckt die Investoren nicht ab?
Kotzorek: Nein, die meisten haben sich vorher genau mit der Situation in Bonn beschäftigt und nehmen diese Nachteile in Kauf.

Die Einzelhandelsfläche soll in den kommenden Jahren mit dem Nordfeld und dem Viktoriakarree deutlich steigen. Gibt der Markt das her?
Kotzorek: Grundsätzlich kann Einzelhandelsumsatz in einer Region nicht unbegrenzt steigen. Jeder Kunde kann sein Geld nur einmal ausgeben. Bonn hat allerdings eine hohe Zentralität, es kommen also viele Menschen auch aus dem Umland zum Einkaufen. Das erhöht die Chancen, dass neue Flächen auch noch mehr Publikum in die Innenstadt ziehen. Bonn ist eine der wenigen Innenstädte in Deutschland ohne größeres Shopping-Center.

Warum geben viele inhabergeführte Einzelhändler in der Innenstadt trotz der guten Rahmenbedingungen auf?
Kotzorek: Das kann an hohen Bonner Mieten liegen, es muss aber nicht. Wir beobachten eine wachsende Nachfolgeproblematik im Mittelstand. Die nächste Generation will ein Geschäft nicht weiterführen, und dann schließt es.

Zur Person

Tobias Kotzorek ist als "Team Leader Retail Leasing Köln" für die Einzelhandelsvermietung des internationalen Beratungsunternehmens Jones Lang LaSalle (JLL) im Marktgebiet Köln zuständig. Das Gebiet umfasst unter anderem die Stadt Bonn. JLL ist nach eigenen Angaben der führende Gewerbeimmobilienvermittler auf dem deutschen Markt.

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