Gamescom Spielebranche setzt auf die Türkei

Köln · Das diesjährige Partnerland der Gamescom in Köln ist ein besonders interessanter Markt. Währenddessen wächst die Zahl der Beschäftigten in Deutschland in diesem Metier nur sehr langsam.

Die deutsche Spiele-Entwickler-Branche wächst nur langsam im Gegensatz zu anderen Ländern.

Die deutsche Spiele-Entwickler-Branche wächst nur langsam im Gegensatz zu anderen Ländern.

Foto: Stamp

Die Entscheidung ist schon vor eineinhalb Jahren gefallen: Das Partnerland der Kölner Spielemesse Gamescom ist in diesem Jahr die Türkei. Damals gab es dort noch keinen Militärputsch und keine Rufe nach der Todesstrafe. Doch trotz der aktuellen politischen Lage stehen die Veranstalter nach wie vor zu ihrer Entscheidung. „Unsere Partner sind die Vertreter der türkischen Gamesbranche, keine politischen Vertreter“, erklärte Maximilian Schenk, Geschäftsführer des Bundesverbands interaktiver Unterhaltungssoftware (BIU), gestern bei der Pressekonferenz zur Gamescom 2016.

Spiele seien ein „menschenverbindendes und grenzüberschreitendes Element“, so Schenk. Und dazu ein wirtschaftliches: Denn die Türkei ist ein interessanter Wachstumsmarkt. Allein im vergangenen Jahr hat sich die Größe der Entwicklerindustrie nach Angaben der türkischen Spielebranche verdoppelt. Auch der türkische Markt für Computer- und Videospiele habe sich in den vergangenen Jahren sehr positiv entwickelt, so Schenk. Die sehr junge Bevölkerungsstruktur macht das Land so interessant, heißt es von Seiten der Kölnmesse.

Aber auch der Markt in Deutschland bietet große Chancen. Das Problem hierzulande: Es fehlt laut BIU an entsprechenden Rahmenbedingungen, um am Erfolg des internationalen Wachstums teilzuhaben. „Andere Länder wie Frankreich, Großbritannien und Schweden nutzen vorhandene Potenziale deutlich besser“, so Schenk. Es fehle hierzulande an strategischer und finanzieller Förderung. Dennoch wachsen sowohl der Markt für Computer- und Videospiele in Deutschland als auch die Branche – allerdings nicht in gleichem Maße.

Während die Umsätze mit Spielen und Konsolen im vergangenen Jahr zwar um 4,5 Prozent auf 2,81 Millionen Euro gestiegen sind, ist die Zahl der Beschäftigten in der Branche nur um ein Prozent gewachsen. Die mehr als 500 Unternehmen bundesweit klagen über Fachkräftemangel.

An begeisterten Spielern dagegen mangelt es der Messe nicht: Rund 500.000 Besucher erwarten die Kölnmesse und der BUI in diesem Jahr. Im letzten Jahr waren es 345.000. Mit etwa 850 Ausstellern aus 53 Ländern ist es das weltweit größte Event für Computer- und Videospiele. Seit die Gamescom 2009 nach Köln kam, ist die Zahl der Aussteller um 76 Prozent gestiegen, die Zahl der Fachbesucher um 91 Prozent.

Zudem zieht die Messe mittlerweile auch außerhalb der Branche die Blicke auf sich: „Zunehmend kommen auch Delegationen aus Wirtschaft, Wissenschaft oder Politik, um sich über die neuesten Entwicklungen auf dem digitalen Markt zu informieren“, erläuterte Schenk. Schließlich seien Innovationen in diesem Umfeld auch für andere Branchen von großem Interesse. Ein gutes Beispiel dafür sind Virtual-Reality-Brillen, die auch in diesem Jahr wieder ein Schwerpunkt auf der Messe sein werden. Sie lassen ihre Träger eine neue computergenerierte Realität in Echtzeit erleben. Der Tourismuskonzern Thomas Cook zum Beispiel schickt seine Kunden mit der VR-Brille bereits vor dem Urlaub an den Strand, um das Reiseziel kennenzulernen.

Wie eine Mischung aus Realität und Spiel wirken auch oft die so genannten Cossplayer auf der Gamescom: Besucher, die wie ihre Helden aus Computerspielen gekleidet sind. Für sie gibt es in diesem Jahr aufgrund der Terror-Gefahr besondere Regelungen. Wegen der Verschärfung des Sicherheitskonzepts dürfen sie keine Nachahmungen von Waffen tragen. Wie Schenk gestern erläuterte: Kein Problem für die Kreativen. Sie diskutieren im Internet derzeit schon, was stattdessen das Kostüm schmücken könnte. Derzeit steht der Staubwedel wohl besonders hoch im Kurs.

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