Aktie stürzt ab Solarworld von Krise voll erwischt

BONN · Die Krise in der deutschen Solarwirtschaft macht auch vor dem Branchenprimus Solarworld nicht Halt. Dem Bonner Photovoltaikunternehmen macht, wie auch anderen Firmen, der drastische Preisverfall stark zu schaffen.

Als Sündenbock gelten die Chinesen: Billigangebote aus China überschwemmen den Markt. Im ersten Halbjahr schrieb der Konzern nach eigenen Angaben tiefrote Zahlen: Unterm Strich fiel ein Verlust von rund 160 Millionen Euro an, bei einem Umsatzrückgang um gut ein Drittel auf 340 Millionen Euro. Der Aktienkurs brach zeitweilig um mehr als 15 Prozent ein.

Solarworld begrub mit den schlechten Sechsmonatszahlen auch gleich das Ziel eines positiven operativen Jahresergebnisses.

"40 Prozent Preisverfall in einem halben Jahr, das steckt kein Unternehmen so schnell weg", sagte Vorstandschef und Großaktionär Frank Asbeck im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX am Montag. Über den technischen Fortschritt seien Preisreduktionen von jährlich maximal zehn Prozent möglich. "Die niedrigen Preise am Markt orientierten sich nicht an den Produktionskosten, sondern daran, wer sie sich - mit staatlicher Hilfe - länger leisten kann", sagte Asbeck mit Blick auf die chinesische Konkurrenz.

Die Chinesen werfen ihre Produkte nach Asbecks Ansicht dank staatlicher Hilfe zu illegalen Dumpingpreisen unter eigenen Kosten auf den Markt, um die Konkurrenz in Europa und den USA auszuschalten. Solarworld kämpft sowohl in den USA als auch auf EU-Ebene mit Antidumping-Klagen gegen die Handelspraktiken der Chinesen. Das Unternehmen erwartet Mitte September die Annahme der Klage in Brüssel. Als Gegenmaßnahme könnten dann Strafzölle auf Importe aus China erhoben werden.

Neben dem härteren Wettbewerb führten neue Einschnitte in der deutschen Solarförderung im zweiten Quartal zu einer rückläufigen Nachfrage auf dem heimischen Markt. Das Auslandsgeschäft von Solarworld konnte dies bei einem Anteil am Absatz von 60 Prozent nur zum Teil kompensieren. Zu teure Langzeitlieferverträge für Rohstoffe erforderten zudem hohe Abschreibungen.

Der Umsatz ging im ersten Halbjahr um 36,6 Prozent auf 340,1 Millionen Euro zurück, obwohl die Absatzmenge von Modulen und Bausätzen stieg. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) rutschte mit 143,8 Millionen Euro ins Minus - nach einem Plus von 70,5 Millionen Euro im Vorjahr. Gründe waren vor allem Wertberichtigungen auf Vorratsvermögen und auf Anzahlungen für Rohstoffe. Unter dem Strich kam es zu einem Minus von 159,3 Millionen Euro (Vorjahr: plus 22,2 Mio Euro).

Bisher hatte sich Solarworld noch relativ stabil halten können und im ersten Quartal einen kleinen Gewinn erzielt. Deshalb reagierte die Börse nun auch heftig negativ. Die Aktie fiel zeitweise um mehr als 15 Prozent, das Tagestief lag bei 1,12 Euro. Besorgt wird von Experten auch die angespannte Bilanzsituation gesehen. Die begrenzte finanzielle Flexibilität schränke die Fähigkeit ein, mit strategischen Schritten auf die Situation reagieren zu können.

Solarworld hatte erst vor wenigen Wochen seine Finanzen auf neue Beine gestellt. Wichtige Kreditbedingungen wurden neu ausgehandelt. Mit Investitionen von 50 Millionen Euro will Solarworld unter anderem die Leistungsfähigkeit seiner Anlagen verbessern.

Als Großaktionär (rund 28 Prozent der Anteile) hatte Asbeck vor kurzem angekündigt, er wolle so lange auf sein Gehalt, seinen Dividendenanteil und Bonus verzichten, bis Solarworld wieder Gewinne schreibe. "Meine Entscheidung soll ausdrücken, dass ich an das Unternehmen glaube", bekräftigte er trotz der schlechten Halbjahreszahlen.

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