Umstrukturierung Sankt Augustiner Maschinenbauer Hennecke tritt auf die Bremse

Sankt Augustin · Beim Sankt Augustiner Maschinenhersteller läuft eine Umstrukturierung. Die Firma streicht weltweit bis zu 80 Stellen.

 Umstrukturierung und Blick nach vorn: Thomas Wildt, neuer Geschäftsführer der Hennecke-Gruppe, am Sitz der Firma in Sankt Augustin.

Umstrukturierung und Blick nach vorn: Thomas Wildt, neuer Geschäftsführer der Hennecke-Gruppe, am Sitz der Firma in Sankt Augustin.

Foto: Delphine Sachsenröder

Wachstum wünscht sich in der Regel jeder Unternehmer. Problematisch wird es allerdings, wenn die steigende Zahl von Aufträgen nicht gewinnbringend abgewickelt werden kann. Mit dieser Schieflage hatte der Sankt Augustiner Maschinenbauer Hennecke im vergangenen Jahr zu kämpfen. „Die Produktion ist nach der Übernahme der italienischen OMS-Gruppe zu schnell ausgeweitet worden“, sagt Thomas Wildt, der als neuer Geschäftsführer der Hennecke-Gruppe im April angetreten ist, um dem Birlinghovener Traditionsbetrieb eine neue Struktur zu verpassen. „Zum Teil haben wir die gleichen Maschinen an unterschiedlichen Standorten gebaut und dadurch hohe Kosten verursacht.“

Das soll sich jetzt ändern. 7,5 Millionen Euro will Wildt bis Jahresende einsparen. Er hat der Unternehmensgruppe eine neue Struktur verpasst, weltweit werden 70-80 Stellen gestrichen. Der Abbau werde überwiegend über Frühpensionierungen und das Auslaufen von Zeitverträgen umgesetzt, sagt Wildt. Aber es habe auch bereits einige wenige betriebsbedingte Kündigungen am Sankt Augustiner Firmenhauptsitz gegeben. Hier arbeiten derzeit 426 der weltweit rund 800 Hennecke-Beschäftigten.

Durch die Umstruktuierung werde der Standort, laut Wildt „das Herz von Hennecke“, jedoch auch gestärkt: Die Forschung und Entwicklung der Gruppe soll künftig in Birlinghoven konzentriert und an den anderen Standorten eingestellt werden. Während ein Teil der bisherigen Produktion aus Sankt Augustin nach Italien verlagert wird, sollen Maschinen von dort künftig am Stammsitz hergestellt werden. Dabei geht es überwiegend um die Verarbeitung des Kunststoffes Polyurethan. Mit den Maschinen von Hennecke werden weiche und harte Schaumstoffe hergestellt, die unter anderem als Polster für Möbel oder Fahrradsättel, aber auch in den Innenverkleidungen oder Lenkrädern von Autos Verwendung finden.

Die weiteren Geschäftschancen für Hennecke sieht Geschäftsführer Wildt optimistisch: „Wir gehören in unserem Industriezweig zu den drei Weltmarktführern.“ Trotz der spürbaren Zurückhaltung der kriselnden Automobilindustrie sei die Nachfrage insgesamt ungebrochen hoch. „Durch den Klimawandel steigt zum Beispiel in der Bauindustrie der Bedarf an Isolierung“, so Wildt. „Dafür fertigen unsere Maschinen spezielle Panele aus Polyurethan.“

Nach dem Abrutschen in die roten Zahlen im vergangenen Jahr habe sich das Unternehmen daher 2019 auch wieder erholt und rechne mit einer Gewinnmarge vor Steuern und Abschreibungen „im einstelligen Prozentbereich“. Den zuletzt deutlich gewachsenen Umsatz will der neue Hennecke-Gruppenchef bei 170 bis 180 Millionen Euro erst einmal konstant halten. „Wir gehen bewusst einen Schritt zurück“, sagt er. Damit rücke auch ein möglicher Verkauf durch den Eigentümer, den Schweizer Finanzinvestor Capvis, erst einmal weiter in die Ferne. Die ehemalige Bayer-Tochter Hennecke hat seit ihrer Gründung im Jahr 1945 zahlreiche Eigentümerwechsel hinter sich. Zuletzt übernahm Capvis das Unternehmen 2016 vom Finanzinvestor Adcuram.

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