Traditionsgeschäfte in Bonn Salon Slamanig machte beim "Friseurstreik" Schlagzeilen

BONN · "Bonns Figaros liegen sich in den Haaren" und "Sitzstreik vor Bonner Friseur-Salon geplant" lauteten Schlagzeilen in den Bonner Tageszeitungen vom Oktober 1953. Josef Slamanig hatte sich als einziges Mitglied der Friseurinnung dagegen ausgesprochen, sein Geschäft am Dienstagnachmittag zu schließen und damit den Angestellten einen freien Nachmittag zu verschaffen.

 Das alte Geschäftshaus am Bahnhof: Es war Schauplatz von Demonstrationen, als Josef Slamanig sich 1953 weigerte, dienstagnachmittags wie seine Innungskollegen zu schließen.

Das alte Geschäftshaus am Bahnhof: Es war Schauplatz von Demonstrationen, als Josef Slamanig sich 1953 weigerte, dienstagnachmittags wie seine Innungskollegen zu schließen.

Foto: Barbara Frommann (Repro)

Hartnäckig blieb er dabei, den Durchreisenden und Bewohnern der Innenstadt dienen zu wollen. Weder "massive Angriffe und Drohungen" noch "gütige Hinweise auf Kollegialität und soziale Einstellung" konnten ihn den Berichten zufolge überzeugen. Kollegen und ihre Mitarbeiter blockierten daraufhin das Geschäft des abtrünnigen Slamanig am Bahnhof.

Es ist ein besonderes Kapitel in der mit kunstvoller Handschrift verfassten Firmenchronik des Friseursalons Slamanig, der seine Adresse heute in der Cassius-Bastei an der Münsterstraße hat. "Unbeirrbar wie bisher focht er auch diesen Kampf aus, er ließ sich weder von außen beeinflussen, noch tat er etwas gegen seinen Willen oder seine Überzeugung", heißt es über den Firmengründer. Und tatsächlich: Nach zwei Wochen löste sich der hitzige Friseurstreik in Luft auf.

1931 hatten Käthe und Josef Slamanig das Geschäft gegründet, das zunächst "Wiener Salon" hieß. Der Liebe wegen war der Österreicher in Bonn geblieben. Auch während des Zweiten Weltkriegs lief das Geschäft weiter, die Schaufenster wurden zum Schutz vor Bomben mit Sperrholzplatten vernagelt. Gezahlt wurde mit Naturalien: Ondulieren gegen ein Brikett.

Fotos in der Chronik zeigen, wie sich das Geschäft verändert hat: Käthe Slamanig vor den hohen Holzschränken der Parfümerie, später ein Wartebereich mit Nierentischen, der auch zu einem Café gehören könnte, rosa Waschbecken im Damenbereich, gelbe bei den Herren. Eine Tradition, die sich gehalten hat: Die Einrichtung ist modern, doch Männer und Frauen sitzen weiterhin getrennt.

"Auf Wunsch der Kunden gibt es zwei Bereiche. Sie möchten lieber unter sich sein, wenn sie mit Farbe auf dem Kopf unter der Haube sitzen", sagt Jürgen Blumenschein. Der 49-Jährige hat das Friseurgeschäft im Jahr 2000 von seinen Eltern Manfred und Heidi Blumenschein, geborene Slamanig, übernommen. Nach wie vor gibt es bei Slamanig spezialisierte Herrenfriseure, und auch die klassische Nassrasur kommt wieder.

Von der Bahnhofstraße 30 sind die Slamanigs 1974 in die neu erbaute Cassius-Bastei umgezogen. Sie mussten dem Bau des "Bonner Lochs" am Bahnhof weichen. Josef Slamanig hat auch hier Widerstand gezeigt. "Unser Haus war das letzte der alten Häuserzeile am Bahnhof, das noch stand", berichtet Blumenschein. Weil schließlich die Enteignung drohte, gab Josef Slamanig nach.

Seine Frau war ebenfalls resolut, wie eine Geschichte belegt, die in der Familie heute noch erzählt wird. Der Salon arbeitet traditionell ohne Termine. Zu Hauptstadtzeiten, also als auch bei Slamanig die führenden Köpfe der Republik in Form gebracht wurden, kündigte sich eine Staatssekretärin aus dem Auswärtigen Amt mit Terminwunsch an. "Auch wenn sie eine Sekretärin sind - es müssen sich alle hinten anstellen", soll Käthe Slamanig entgegnet haben.

Jürgen Blumenschein wollte zwar mit 13 Jahren Pilot werden, entschied sich dann aber für das Friseurhandwerk. "Natürlich möchte man die Tradition bewahren, aber es ist keine Last", sagt er. Das Angebot reicht inzwischen von Kopf bis Fuß, von der Haarverdichtung bis zur Fußpflege. Frisurentrends können sich die Kunden auf dem iPad ansehen, aber auch die gute alte Klatschzeitschrift gehört noch dazu. Schlagzeilen wie die von den streitbaren Bonner Figaros werden sie darin heute nicht finden.

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