„Mövenpicksteuer“ für Gastronomen? Restaurant- und Hotelbetreiber müssen weiter ausharren

Frankfurt am Main · Während seit Montag die ersten Lockerungen in der Pandemie greifen, müssen Gastronomen weiter ausharren. Nun ist die Debatte über die so genannte „Mövenpicksteuer“ wieder aufgekommen.

 Nur Eis zum Mitnehmen: Kneipen, Cafes und Restaurants müssen seit dem Mitte März geschlossen bleiben.

Nur Eis zum Mitnehmen: Kneipen, Cafes und Restaurants müssen seit dem Mitte März geschlossen bleiben.

Foto: dpa/Marius Becker

Einig sind sich die meisten in einem Punkt: Neben der Tourismusbranche muss auch Hotel- und Gaststättenbetreibern wirtschaftlich und finanziell geholfen werden. Denn während seit Montag wieder kleinere Einzelhändler bis zu einer Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern öffnen dürfen, gilt das nicht für Restaurant- und Hotelbetreiber. Daher fordert der Gaststättenverband Dehoga finanzielle Hilfspakete und eine reduzierte Mehrwertsteuer. „Wir brauchen einen Rettungsfonds, ähnlich wie für die Landwirtschaft während der Dürrekatastrophe 2018“, sagt die Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges. „Also direkte Finanzhilfen für die Betriebe. Für die Zeit des Hochfahrens benötigen wir die Einführung der Sieben-Prozent-Mehrwertsteuer für die Gastronomie.“

Denn schon jetzt steht fest, dass auch Restaurants und Hotels in absehbarer Zeit nicht einfach wieder öffnen können, sondern wenn, dann unter Auflagen mit Sicherheits- wie Abstandsregeln – und damit weniger Umsatz und Gewinnen. „Alles, was die Branche nicht alleine lässt mit einem riesigen Schuldenberg ohne Perspektive, ist hilfreich. Wir haben auch keine Nachholeffekte. Was Sie heute nicht verkaufen, können Sie morgen auch nicht aufholen. Das Gleiche gilt für das Hotelzimmer“, sagt Hartges. Die reduzierte Mehrwertsteuer gibt es bereits für Hotelübernachtungen. Sie wurde während der letzten Finanzkrise als Konjunkturhilfe eingeführt, ist aber in Verruf geraten. 2009 hatte sie die schwarz-gelbe Bundesregierung verabschiedet. Allerdings stellte sich hinterher heraus, dass die FDP eine Millionenspende aus der Hotelbranche eingestrichen hatte. Nun soll sie – geht es nach dem Willen der Gaststättenlobby, auf alle Gastronomiebetriebe ausgeweitet werden, also auch für das Essen im Restaurant.

Die Sieben-Prozent-Steuer übrigens gibt es bereits in einem weiteren Teilbereich der Gastronomie – nämlich für Essen, das außer Haus verkauft oder ausgeliefert wird. Auch Imbissbuden ohne feste Sitzgelegenheiten kommen bereits in den Genuss des ermäßigten Steuersatzes von sieben Prozent. Es gibt aber auch Widerspruch zu der Idee der Ausweitung der Steuervergünstigung auf alle Gastronomen. „Ich denke, wir dürfen auch nicht so viel in diesen Zeiten versprechen und am Ende dann noch mit Steuersenkungen nachkommen“, sagte etwa der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, Daniel Günter (CDU), in der ARD. „Wir werden das, was wir jetzt machen, auch bezahlen müssen.“ Auch der SPD-Co-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans zeigte sich zurückhaltend. „Eine befristete Absenkung der Mehrwertsteuer ist eine Variante“, sagte Walter-Borjans am Montag in einem Interview mit dem Sender Bayern 2. Gastgewerbe und Gastronomie gehörten mit Sicherheit zu den Branchen, die Hilfe benötigten. Über den genauen Weg gebe es aber noch Diskussionen.

Aus Sicht der vielen kleinen und mittleren Betriebe würde ein Absenken der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent durchaus helfen, meinen Betroffene. Vor allem für die Zeit, wenn die Betriebe ihre Gasträume wieder öffnen dürfen. „Später, wenn wir wieder öffnen dürfen, wäre das durchaus sinnvoll“, sagte Mario Furlanello. Er ist Betreiber des Bornheimer Ratskellers in Frankfurt, ein mittelständischer Betrieb mit rund 15 Angestellten. „Wir sind ja keine Branche, die Gewinne wie Goldbarren produziert. Jeder Cent, der hängenbleibt, ist willkommen. Und wenn man über den Daumen gepeilt 12 Prozent weniger abführen müsste, wäre das natürlich schon eine große Hilfe.“

In der Branche der Hotels und Gaststätten haben von den gut 220 000 Betrieben rund ein Drittel Jahresumsätze unter 100 000 Euro. Gut drei Viertel der Unternehmen bleiben mit ihren Umsätzen unter der Grenze von 500 000 Euro, sind also keine großen Hotelketten.

Durch die Unterstützung genau solcher Großkonzerne wie Mövenpick hatte die Steuerermäßigung für Hotelübernachtungen ihren Spitznamen bekommen und war in die Kritik geraten. In der jetzigen Krise könnte sie den vielen kleineren und mittleren Unternehmen bei der Rückkehr zur Normalität nach Corona helfen. Der Gaststättenverband Dehoga rechnet damit, dass im Zuge der Krise ohne staatliche Hilfen bis zu 70 000 Betriebe vor dem Aus stehen könnten.

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