Post will gegen die EU-Kommission klagen

Vorstandschef Zumwinkel nennt Beschluss "offenkundig angreifbar" - Bonner Unternehmen trifft bilanzielle Vorsorge über 850 Millionen Euro

Bonn. Die Deutsche Post World Net wirft der EU-Kommission "gravierende Verfahrensfehler" vor. Nachdem die EU-Kommission am Mittwoch bekannt gegeben hat, dass die Deutsche Post 572 Millionen Euro "unerlaubte Beihilfen" an die Bundesrepublik Deutschland zurückzahlen muss, will der Bonner Konzern jetzt vor dem europäischen Gerichtshof gegen die Entscheidung klagen.

Post-Chef Klaus Zumwinkel zeigte sich am Mittwoch demonstrativ zuversichtlich: "Die Entscheidung der Kommission ist so offenkundig angreifbar, dass nichts anderes als ein Urteil im Sinne der Deutschen Post vorstellbar wäre."

Er bekräftigte erneut, dass es bei der Deutschen Post weder eine unzulässige Quersubventionierung noch eine unrechtmäßige Beihilfe für den Bereich der Geschäftskundenpakete gegeben habe. Aber dennoch trifft die Post bilanziell Vorsorge: Einschließlich Zinszahlungen richtet sich die Post auf einen außerordentlichen Aufwand von 850 Millionen Euro ein. Das entspricht einem Drittel des operativen Gewinns, der im vergangenen Jahr 2,5 Milliarden Euro betragen hatte.

Ein Sprecher von EU-Kommissar Mario Monti teilte mit, dass sich die Entscheidung auf die Jahre 1994 bis 1998 beziehe. Die Post habe nach Auffassung der Kommission im gewerblichen Paketdienst mit Dumpingpreisen operiert. Die entstehenden Verluste seien durch Gewinne aus dem Briefmonopol ausgeglichen worden. Die Bundesregierung, die der offizielle Adressat des Verfahren ist, hat jetzt zwei Monate Zeit, um in Brüssel Vorschläge zur Rückzahlung des Betrages zu machen.

Post-Sprecher Martin Dopychai nannte die Entscheidung "unverständlich und nicht nachvollziehbar". In "exakt der gleichen Angelegenheit" habe die EU-Kommission im Fall der italienischen Post eine andere Entscheidung getroffen. Dort seien 25 Milliarden Euro an staatlichen Vergünstigungen anerkannt worden. "Im Gegensatz dazu wird die erfolgreich restrukturierte und deswegen profitabel arbeitende Deutsche Post durch eine nicht nachvollziehbare Rückzahlungsentscheidung bestraft", meinte Zumwinkel.

Er verwies darauf, dass die Entscheidung nicht in Einklang zu bringen sei mit einem Wettbewerbsverfahren gegen die Deutsche Post in gleicher Sache. Dort habe die EU-Kommission nach jahrelanger Prüfung davon abgesehen, die Post mit einer Strafe zu belegen. Die Kommission habe weder festgestellt noch nachgewiesen, dass die angebliche Quersubventionierung wirklich aus Beihilfen finanziert wurde. Dafür hätte nach Ansicht der Post die EU zunächst feststellen müssen, dass mehr staatliche Zuwendungen geflossen sind als Universaldienstlasten (Filialnetz und Briefzustellung) vorlagen.

Der Bundesverband der Express- und Kurierdienstleister (BIEK), der 1997 wegen der Frage der Quersubventionierung bei der EU eine Beschwerde eingelegt hatte, hat sich gegen den Plan gewendet, die Rückzahlung gegen eine Portosenkung zu verrechnen. Das sei Augenwischerei, meinte der Vorsitzende des BIEK, Ralf Wojtek: "Die jetzt von der Post ins Spiel gebrachte Absenkung des Briefportos unterstreicht unseren Vorwurf, dass aggressive Geschäftspraktiken im Paketgeschäft jahrelang durch hohe Gewinne aus dem Briefmonopol finanziert wurden."

Zum 1. Januar 2003 stehe ohnehin eine Überprüfung der Portohöhe an, sagte Wojtek. Außerdem sei eine Grundsatzklage gegen das Porto anhängig, so dass die derzeitige Portohöhe nicht als Grundlage für eine Absenkung benutzt werden dürfe. "Kunden haben Anspruch auf ein angemessenes Briefporto", so Wojtek. Ein Kuhhandel Beihilfe gegen Porto würde keinen Vorteil bieten und die Regulierungsbehörde überflüssig machen.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) forderte am Mittwoch, die Postmärkte nun schneller zu liberalisieren. Die von der EU-Kommission verlangte Rückzahlung "sei ein deutlicher Wink an die Bundesregierung, ihre wettbewerbsverhindernde Postpolitik zu revidieren". Nur ein vollständiger Abbau des Monopolbereiches könne das Problem der Quersubventionierung lösen. Als Hemmnis zu einer konsequenten Liberalisierung erweise sich der hohe Bundesanteil an der Post.

Auch der DIHK bezeichnet die vorgeschlagene Portosenkung als nicht akzeptable Lösung, da es nahezu sicher sei, dass die Regulierungsbehörde ab 2003 eine Portosenkung vorgeben werde. Bundesfinanzminister Eichel will die zu erwartende Rückzahlung der Post nicht in seine Haushaltsplanungen für das kommende Jahr einbeziehen, da zunächst der angekündigte Rechtsstreit abzuwarten sei. Er sehe das Geld als "stille Reserve", falls die Post vor dem EuGH unterliegen sollte.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Imageschaden für die Post"

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