Auf Kompromiss geeinigt Plastikbeutel kommen nicht mehr in die Tüte

BRÜSSEL · Der Kampf gegen die Plastiktüte kann beginnen. Spätestens in drei Jahren soll der gewohnte Griff zur Einwegtragetasche der Vergangenheit angehören.

 In der Nähe von Naama Bay in Ägypten: Fische schwimmen neben Plastikmüll.

In der Nähe von Naama Bay in Ägypten: Fische schwimmen neben Plastikmüll.

Foto: dpa

Der Kampf gegen die Plastiktüte kann beginnen. Spätestens in drei Jahren soll der gewohnte Griff zur Einwegtragetasche der Vergangenheit angehören. In der Nacht zu gestern verständigten sich die europäischen Gremien in Brüssel nach jahrelangen Beratungen auf einen Kompromiss. Dem müssen zwar am Freitag noch die Vertreter der Mitgliedstaaten formell zustimmen. Allerdings könnte das Vorhaben noch an Bedenken der EU-Kommission in Brüssel scheitern. Die EU-Kommission könnte die Hürden erhöhen und Einstimmigkeit unter den EU-Botschaftern verlangen.

Was nach einer Einigung folgt, dürfte auch für die Bundesbürger eine Umstellung werden. Änderungen werden jedoch nicht mehr erwartet. Denn die Bundesregierung muss sich nun entscheiden, wie sie den Verbrauch von derzeit 71 Tüten pro Person und Jahr drastisch senkt. Entweder man führt bis 2017 einen Abgabepreis ein, wie er schon jetzt von einigen Einzelhandelsketten erhoben wird. Oder man drückt mit anderen staatlichen Mitteln den Verbrauch auf höchstens 40 Tüten pro Jahr. Dieses Ziel muss spätestens 2025 erreicht sein. "Wenn diese Einigung zustande kommt, ist es ein historischer Schritt, Plastiktüten und -Müll in der EU endlich zu verringern", frohlockte die Grünen-Umweltpolitikerin und Europa-Abgeordnete Margrete Auken.

Durchschnittlich 198 solcher Tüten verbraucht jeder EU-Bürger derzeit pro Jahr. Rekordhalter sind die Portugiesen, von denen jeder bis zu 500 Taschen aus den Fächern an den Kassen zupfen. Besonders sparsam dagegen zeigen sich die Iren. Dort sank der Verbrauch nach Einführung einer Abgabegebühr von 22 Cent pro Plastiksack auf inzwischen 20 pro Kopf und Jahr.

Doch die Brüsseler Plastik-Reform enthält einige Ausnahmen. So hatte sich das Europa-Parlament ursprünglich für ein Verbot der besonders dünnen Plastiktragetaschen ausgesprochen, die häufig an Gemüse- und Obst- sowie Fleisch-Theken zur Verpackung von Lebensmitteln genutzt werden. Sie darf es auch künftig geben - zum einen aus hygienischen Gründen, zum anderen aber auch, um die ökologisch gesehen weitaus schädlicheren Hartschaum-Schalen zu vermeiden.

Dennoch bleiben auch die fast transparenten Beutel eine Gefahr, denn sie gelten als besonders langlebig: Erst nach rund 450 Jahren baut sich der Kunststoff in der Umwelt ab. Bis dahin stellen die Reste ein ständiges Risiko für die Tierwelt dar: Bei der Entsorgung rutschen viele Kunststoffteile durch und sammeln sich dann in den Weltmeeren. So treibt zwischen der Adria und der türkischen Riviera ein Kunststoff-Teppich aus 250 Milliarden Teilchen, der über 500 Tonnen wiegt - zu einem Teil besteht er aus Resten ehemaliger Tragetaschen.

Das Augenmerk der EU richtet sich nun aber zunächst auf die größeren Einwegbeutel. Zwar seien, so hieß es gestern aus der deutschen Delegation in Brüssel, die Bundesbürger bereits daran gewöhnt, nach dem Einkauf für eine Plastiktüte zu zahlen. Allerdings gebe es noch viele Branchen, die die bunten Behältnisse ohne Aufschlag abgäben.

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