Klimaschutzziel 2020 der Telekom Nur Werbung oder echte Anstrengung?

BONN · Die Deutsche Telekom hat für den Konzern Ziele zur Verringerung der Kohlendioxid-Emissionen definiert. Wie der Bonner Konzern gestern mitteilte, soll der CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2020 konzernweit um 20 Prozent reduziert werden.

Das entspreche rund 430.000 Tonnen CO2 pro Jahr. Telekom-Managerin Birgit Klesper: "Das internationale Klimaschutzziel ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer umfassenden Klimaschutzstrategie der Deutschen Telekom." Erreicht werden solle es unter anderem durch Einsatz energiesparender Technik, Schulungen von Fahrern und verstärkten Einkauf von Strom aus erneuerbaren Energien.

Während die Telekom das selbstgesteckte Ziel als "ehrgeizig" bezeichnet, zeigten sich Experten von Verbraucher- und Umweltverbänden gestern teilweise skeptisch. "Wer kann das überhaupt kontrollieren?", sagte eine Sprecherin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen in Berlin auf Anfrage.

Der Dachverband der Kritischen Aktionäre erneuerte seine Kritik aus dem Jahr 2011, der vom Konzern bezogene Grünstrom sei nur unzureichend zertifiziert. Die Telekom teilte gestern auf Nachfrage mit, den Zukauf der umstrittenen RECS-Zertifikate Ende 2012 eingestellt zu haben. "Dass die Deutsche Telekom ihr neues Klimaschutzziel als 'ehrgeizig' bezeichnet, halte ich für fragwürdig", sagte Markus Dufner, Geschäftsführer des Dachverbands. 20 Prozent CO2-Einsparung bis 2020 seien vergleichsweise wenig.

Tatsächlich räumte die Telekom auf Nachfrage ein, das Einsparziel beziehe sich nicht auf die Zeit von heute bis 2020, sondern auf das Basisjahr 2008 - immerhin sechs Jahre her. Ob die Telekom für das Erreichen des CO2-Ziels überhaupt zusätzliches Geld ausgibt und wenn ja wie viel, dazu machte der Konzern keine Angaben.

Also nur "Greenwashing" der Telekom? Der Begriff bezeichnet PR-Methoden, die einem Unternehmen ein umweltbewusstes Image verschaffen sollen, ohne dass es dafür eine hinreichende Grundlage gibt. Die in Bonn ansässige Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch sieht das nicht so: "Die Deutsche Telekom gehört zu den wenigen deutschen Großunternehmen, die seit Mitte der 90er Jahre systematisch daran arbeiten, ihr Geschäftsmodell mit einer progressiven Klimapolitik zu verknüpfen. Wir hoffen, dass die vorgelegten Pläne dies fortschreiben - und wir werden uns das genau anschauen," sagte Germanwatch-Experte Christoph Bals.

Immerhin üben sich die Bonner schon länger in Umweltschutz, der das Unternehmen kein Geld kostet. 2010 verpflichtete sich das Unternehmen, die CO2-Emission neuer Dienstwagen bis Ende 2015 auf 110 Gramm pro Kilometer zu begrenzen. Seinerzeit lag der Wert bei gut 151 Gramm, für 2013 wurden nach Angaben eines Sprechers 118 Gramm erreicht. Besonders im Bonner Raum fahren viele der rund 11.000 Telekom-Dienstwagen. Insgesamt unterhält die Telekom bundesweit 26.000 Geschäfts- und Servicewagen.

Auch für die Deutsche Post DHL ist Umweltschutz ein wichtiges Thema. "Bis zum Jahr 2020 wollen wir die CO2-Emissionen für jeden durch uns transportierten Brief oder jedes Paket, jede transportierte Tonne Fracht und jeden genutzten Quadratmeter Lagerfläche um 30 Prozent gegenüber 2007 senken, heißt es im Bericht zur Unternehmensverantwortung des Konzerns.

Erreichen wollen die Bonner dieses Ziel beispielsweise durch Maßnahmen zu Kraftstoffsenkungen bei Fahrzeugen und Flugzeugen, durch den Einsatz alternativer Kraftstoffe sowie innovative Beleuchtungskonzepte und alternative Heizsysteme im Gebäudemanagement.

Wie viel Geld der Konzern für den Umweltschutz ausgibt, konnte Pressesprecherin Christina Müschen am Donnerstag auf Anfrage nicht sagen: "Dazu sind die weltweiten Maßnahmen zu vielfältig und zu unterschiedlich. Das lässt sich nicht in einer Summe zusammenführen." Nur begrenzten Einfluss hat die Post auf die Sauberkeit von Fahrzeugen und Flugzeugen, die nicht Eigentum des Konzerns sind, sondern nur in dessen Auftrag unterwegs sind.

Um ihre Umweltanstrengungen zu dokumentieren, veröffentlichen viele große deutsche Unternehmen seit längerem neben den Geschäftsberichten jährlich auch einen Umwelt- oder Nachhaltigkeitsbericht. In der jüngsten Bewertung dieser Berichte für das Jahr 2011 durch das gemeinnützige Berliner Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) schneidet die Telekom recht gut ab.

Hinter BMW, Siemens, BASF, Daimler und Bayer liegen die Bonner auf Platz sechs. Das IÖW prüfte die Nachhaltigkeitsberichte der 150 größten deutschen Unternehmen auf zwölf Kriterien wie Produktverantwortung, Glaubwürdigkeit und Vergleichbarkeit der Angaben. Die Deutsche Post lag in dem Ranking auf Platz 18.

Umweltschutz und Nachhaltigkeit spielen aber nicht nur bei den Großkonzernen eine Rolle. Auch für kleinere Firmen sei das Thema wichtig, heißt es bei der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg. "Vor allem dann, wenn sich durch eine Reduzierung des Energieverbrauchs effektiv Kosten sparen lassen", sagte eine Sprecherin auf Anfrage.

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