Ausgleichsabgabe statt Einstellung NRW-Firmen sollen mehr Behinderte beschäftigen

DÜSSELDORF · Nur ein Viertel der rund 1,7 Millionen schwerbehinderten Menschen in NRW ist berufstätig. Viele Unternehmer haben immer noch Vorbehalte, Behinderte mit einem Grad ab 50 Prozent einzustellen.

Allein in NRW sind derzeit 55.078 "Pflichtarbeitsplätze" für Behinderte unbesetzt, weil Arbeitgeber oft lieber eine Ausgleichsabgabe zahlen als Behinderte einzustellen. "Wir müssen die Vorurteile im Kopf überwinden", forderte Werner Marquis von der NRW-Arbeitsagentur im Gespräch mit unserer Zeitung.

Unternehmen, die mehr als 20 Beschäftigte haben, müssen laut Gesetz fünf Prozent der Stellen an Menschen mit Schwerbehinderung vergeben. Andernfalls wird eine Ausgleichsabgabe fällig: bis zu 260 Euro monatlich. Für den Behindertenbeauftragten der NRW-Landesregierung, Norbert Killewald, ist es aber schlicht zu leicht, "sich freizukaufen". Vor allem kleine Firmen mit 20 bis 50 Beschäftigten scheuen sich, Schwerbehinderte zu beschäftigen. Hemmnisse sind dabei: der besondere Kündigungsschutz, fünf Tage mehr Jahresurlaub und die Angst vor längeren Krankheitszeiten und barrierefreien Umbauten.

Die Folge: Die Arbeitslosenquote von Schwerbehinderten liegt bundesweit mit rund 14 Prozent doppelt so hoch wie bei Menschen ohne Handicap. Zum Abbau der Hemmschwellen wirbt Marquis dafür, in einem ersten Schritt das Gespräch mit den Schwerbehinderten zu suchen. Oft seien Manager überrascht über die vorhandenen Fähigkeiten von Behinderten, manchmal sei es aber auch objektiv schwierig, Behinderte im Betrieb einzusetzen. Während der Öffentliche Dienst die "Behinderten-Quote" mit deutlich mehr als zehn Prozent weit übertrifft, liegen kleine Unternehmen mit 20 bis 50 Beschäftigten bei gerade 3,1 Prozent. Firmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern erreichen in NRW sechs Prozent Anteil.

NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) setzt deshalb auch auf sogenannte "Integrationsunternehmen". Derzeit arbeiten in NRW 250 Firmen im ersten Arbeitsmarkt unter allgemeinen Wettbewerbsbedingungen, die zwischen 25 und 50 Prozent Schwerbehinderte beschäftigen. Diese Firmen erhalten einen Zuschuss von 30 Prozent des Arbeitnehmerbruttolohns und eine monatliche Pauschale für den besonderen Betreuungsaufwand (rund 210 Euro). "In NRW arbeiten in diesen Unternehmen fast 2600 Menschen", sagte Minister Schneider unserer Zeitung.

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