„Blaupause für andere Bundesländer“ NRW eröffnet in Bonn Servicestelle für ausländische Fachkräfte

Bonn · Nordrhein-Westfalen eröffnet in Bonn eine zentrale Anlaufstelle für Arbeitskräfte aus Drittstaaten, die nach Deutschland einwandern wollen. Sie soll helfen, das gerade in Kraft getretene Fachkräfteeinwanderungsgesetz erfolgreich umzusetzen.

 Ein Mann aus Somalia arbeitet in einer Firma in Brandenburg an einem Stahlsegment. Weil sie keine Arbeitskräfte in Deutschland finden, suchen Handwerksfirmen Personal auch im Ausland.

Ein Mann aus Somalia arbeitet in einer Firma in Brandenburg an einem Stahlsegment. Weil sie keine Arbeitskräfte in Deutschland finden, suchen Handwerksfirmen Personal auch im Ausland.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Es kommt nicht so häufig vor, dass Nordrhein-Westfalen den Bayern das Wasser abgräbt. Bei der neuen „Zentralstelle Fachkräfteeinwanderung NRW“ (ZFE NRW) in Bonn ist das offenbar der Fall: „Das ist die Blaupause für andere Bundesländer. Wir sind Schrittmacher auch für Bayern“, sagte der nordrhein-westfälische Integrationsstaatssekretär Andreas Bothe am Montag bei der Eröffnung der Einrichtung nicht ohne einen gewissen Stolz in der Stimme.

Am 1. März ist das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft getreten, das den deutschen Arbeitsmarkt nicht nur für Akademiker, sondern in der Breite auch für Staatsangehörige aus Drittstaaten mit einer Berufsausbildung öffnet. Die Arbeitsagenturen müssen nun nicht mehr prüfen, ob für eine Stelle auch deutsche Bewerber infrage kommen (die „Vorrangprüfung“). Außer einem Visum und deutschen Sprachkenntnissen benötigen die ausländischen Fachkräfte eine Anerkennung ihrer Ausbildung. Die ZFE soll ihnen helfen, ihren Weg durch den Behördendschungel zu finden.

Vor zwei Wochen hatte die Zentrale Servicestelle Berufsanerkennung des Bundes (ZSBA) im selben Gebäude in der Villemombler Straße 76 ihre Arbeit aufgenommen, in dem bereits die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) seit einigen Jahren sitzt. Nun sind auch die sieben Mitarbeiter von ZFE-Leiter Axel Rosenthal vergangene Woche eingezogen. Rosenthal bezeichnete es als einen großen Vorteil, dass man im selben Haus mit kurzen Wegen arbeite, weil vielfältige Probleme im persönlichen Gespräch letztlich immer schneller zu lösen seien als per E-Mail.

1400 Stellen zur Anerkennung von Ausbildungswegen

 Axel Rosenthal, Leiter der ZFE NRW, und Gisela Walsken, Regierungspräsidentin Köln.

Axel Rosenthal, Leiter der ZFE NRW, und Gisela Walsken, Regierungspräsidentin Köln.

Foto: Ulla Thiede

Ein Ziel des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes ist es, die Verfahren für den Zuzug zu beschleunigen. Der Erhalt eines Visums soll nur noch sechs Wochen vom Antrag bei einer deutschen Auslandsvertretung bis zur Ausstellung dauern, die Anerkennung einer bundesgesetzlich geregelten Berufsausbildung innerhalb von zwei Monaten. Da die Bundesländer ihre eigenen Regelungen für die Berufsausbildung und die entsprechende Anerkennung haben, kann es dort länger dauern. „In NRW gibt es rund 400 Stellen für die Anerkennung von Qualifikationen, bundesweit sind es rund 1400“, berichtete Rosenthal.

Das ZFE ist einerseits Ansprechpartner für die Arbeitgeber, die bereits ausländische Fachkräfte gefunden haben und sie nun einstellen möchten. Andererseits steht sie auch für interessierte ausländische Fachkräfte zur Verfügung. Diese können auch ein Visum für die Arbeitssuche, das für sechs Monate ausgestellt wird, beantragen. Alternativ gibt es Aufenthaltsgenehmigungen für eine qualifizierte Berufsausbildung. In allen Fällen informiert die ZFE über die Bedingungen und Möglichkeiten, inklusive des Familiennachzugs.

Landesbehörde übt Druck aus

„Wir sind Verfahrensmittler, die die Gewährung von Visa koordinieren und straffen“, erklärte Rosenthal. Die ZFE treffe selber keine Entscheidungen, „sondern wir bewerten, was andere uns zuleiten“. Als Landesbehörde könne man auch größeren Druck bei den deutschen Auslandsvertretungen aufbauen, um die Erteilung eines Visums zu beschleunigen.

Bis zu 100 neue Mitarbeiter denkbar

Staatssekretär Bothe berichtete, dass man im Jahr mit rund 15.000 Anträgen bei der ZFE rechne. Die ersten zehn sind bereits eingetroffen, wie Rosenthal mitteilte. Ein Kunde etwa ist das Uniklinikum Köln, aber auch Personalrekrutierer. Antragstellung und -bearbeitung durch die ZFE werden komplett digital abgewickelt. Ob 15.000 Anträge von den 25 Mitarbeitern, die bis Mai ihre Arbeit aufnehmen sollen, gestemmt werden können, müsse sich noch zeigen, sagte Rosenthal. Die personelle Aufstockung der ZFE auf 100 Mitarbeiter sei denkbar.

Die Kölner Regierungspräsidentin Gisela Walsken, bei der die Zuständigkeit für die beschleunigten Verfahren zentral für NRW angesiedelt ist, erklärte am Montag, das Thema Fachkräftemangel sei akuter denn je. Es werde Deutschland wegen des demografischen Wandels noch für Jahrzehnte begleiten. Walsken zitierte eine Prognos-Studie, wonach bis zum Jahr 2025 rund 2,9 Millionen Fachkräfte fehlen würden. „Wir müssen deshalb in der Lage sein, schnell und flexibel zu reagieren.“

Einwanderungsgesetz nur der Anfang

Für Staatssekretär Bothe ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz deshalb auch nur ein erster Schritt. Die europäische und internationale Konkurrenz bei der Anwerbung von Fachkräften sei groß. Zumal die deutsche Sprache ein großes Hindernis sei. Bothe machte deutlich, dass Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) ein umfassenderes Einwanderungsgesetz gewünscht hätte, das auch geduldete Flüchtlinge, die gut integriert sind in Deutschland, eine gesicherte Bleibeperspektive bietet.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort