Region Nachwuchs für die Metzgereien verstärkt gesucht

HENNEF · Pascal Brüssow hat während der Schulzeit bereits ein Praktikum bei einem Metzger gemacht und zur Aushilfe gearbeitet. Nun befindet sich der 19-Jährige bereits im zweiten Lehrjahr und sagt: "Besonders gerne denke ich mir neue Wurstsorten aus."

 Es geht um die Wurst: In Bonn und der Region fehlen in vielen Metzgereien Nachwuchskräfte.

Es geht um die Wurst: In Bonn und der Region fehlen in vielen Metzgereien Nachwuchskräfte.

Foto: dpa

Auszubildende wie Pascal Brüssow hätte die Fleischerinnung Bonn/Rhein-Sieg gerne mehr. Gerade einmal 25 junge Menschen haben sich im vergangenen Jahr für eine Lehre als Fleischer oder "Fachverkäufer/in im Lebensmittelhandwerk Fachrichtung Fleischerei" entschieden. "2008 waren es noch 50", berichtet Frank Jäger, Geschäftsführer der Fleischerinnung.

Nachwuchs in dieser Größenordnung könne die Region gut wieder pro Jahr vertragen. Für das im Sommer beginnende Ausbildungsjahr seien bislang elf Ausbildungsverträge unterzeichnet worden, sagt Jäger. Um die Nachwuchssorgen abzumildern, startet die Innung eine Marketingkampagne und kooperiert dabei mit der Arbeitsagentur Bonn/Rhein-Sieg.

Eweline Peters kam auf Umwegen zu ihrer Ausbildung als Fleischereifachverkäuferin, berichtete sie gestern im Carl-Reuther-Berufskolleg in Hennef: "Ich habe zunächst eine Ausbildung im Büro gemacht." Doch dort habe ihr der Kontakt zu Menschen gefehlt. Ihre Schwestern seien bereits als Fleischereifachverkäuferinnen tätig und hätten sie überzeugt, es auch zu probieren: "Mir gefällt, dass man die Kunden kennt", sagt die Auszubildende im zweiten Jahr.

Wie Adalbert Wolf, der Obermeister der Fleischerinnung Bonn/Rhein-Sieg, sagt, hat der Beruf des Fleischers einen starken Wandel erlebt: "Vom Schlachter zum Fleischdesigner." Nur wenige Betriebe schlachteten heute noch selbst. Schwere körperliche Tätigkeiten bestimmten längst nicht mehr den Arbeitsalltag. Stattdessen stehen der Partyservice und Mittagsimbiss stärker im Vordergrund.

Das würden fast alle Betriebe anbieten. Trotz des Wandels stoße der Beruf auf wenig Interesse bei jungen Menschen: "Wir haben oft nur die Leute bekommen, die übriggeblieben sind." Noch nicht einmal für ein Praktikum meldeten sich junge Menschen. Manfred Kusserow, stellvertretender Leiter der Arbeitsagentur, kennt die Nöte der Fleischer genau: "Die Betriebe suchen händeringend Nachwuchs." Wenn Interessenten Kontakt aufnehmen würden, bekämen sie auch kurzfristig eine Chance in einem Betrieb.

Manchmal bekommen die Betriebe zwar Auszubildende, aber sie sind genauso schnell wieder weg. Viele brechen ihre Ausbildung ab. Das merkt auch das Carl-Reuther-Berufskolleg, wo die Auszubildenden den theoretischen Teil ihrer Ausbildung absolvieren. Bei den Fleischereifachverkäuferinnen hörten binnen kurzer Zeit sechs von 14 eines Jahrganges auf, berichten die Lehrerinnen.

Als Begründung sei oft genannt worden, dass die Ausbildung nicht den Vorstellungen entspreche, vor allem, weil ein wichtiger Teil der Arbeitszeit auf das Putzen verwendet werden müsse, um den behördlichen Hygieneanforderungen zu genügen. Mit dem Fleischerberuf groß geworden ist Badie Michael Mohamed. Seine Eltern hatten ein Geschäft in Bonn-Endenich. Er kannte die Arbeit aus eigener Erfahrung, als er sich für die Lehre zum Fleischereifachverkäufer entschied. "Ein toller Beruf", sagt er auch im zweiten Lehrjahr.

"Es gibt zahlreiche Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten", betont Volker Haupt, Bonner Fleischer und Landeslehrlingswart des Fleischerverbandes NRW. Neben dem Meistertitel könne man den Beruf auch als Sprungbrett nehmen, um später bei den Ordnungs- oder Veterinärämtern zu arbeiten.

Auch dort sei fachkundiger Nachwuchs rar. Um den Beruf interessanter zu machen, sei die Entlohnung in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Auszubildende verdienen im ersten Jahr 500 Euro monatlich, im zweiten 600 und und dritten Jahr 700 Euro. Ein Fachverkäufer im ersten Berufsjahr erhalte brutto 1676 Euro monatlich, ein Fleischergeselle 1880 Euro.

Wer sich für eine Ausbildung, ein Praktikum oder eine Beschäftigung im Fleischerhandwerk interessiert, der sollte eine E-Mail an die Agentur für Arbeit Bonn/Rhein-Sieg schicken: Bonn.Berufschance@Arbeitsgentur.de. Die Arbeitsagentur vermittelt Betriebe in Wohnortnähe.

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